Sphinx von Rainer Maria Rilke

Sie fanden sie, den Schädel halb zerschlagen,
in starrer Hand das heiße Rohr von Stahl.
Die Menge gaffte. – Bis der Rettungswagen
sie brachte in das gelbe Stadtspital.
 
Nur einmal hat das Aug sie aufgeschlagen …
Kein Brief, kein Name, nur ein Kleid, ein Schal;
dann kam der Arzt mit seinem leisen Fragen
und dann der Priester. – Sie blieb stumm und fahl.
 
Doch spät bei Nacht, da wollt sie etwas sagen,
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gestehn … Doch niemand hörte sie im Saal.
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Ein Röcheln. – Dann ward sie herausgetragen,
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sie und ihr Schmerz. – Und draußen steht kein Mal.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Sphinx“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
91
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sphinx“ wurde von dem österreichischen Schriftsteller Rainer Maria Rilke geschrieben, der von 1875 bis 1926 lebte. Dies situiert das Gedicht in die Zeit der Moderne, in der sich Autoren wie Rilke oft mit psychologischen und gesellschaftlichen Themen auseinandersetzten.

Der erste Eindruck des Gedichts ist düster und rätselhaft, passend zum Titel „Sphinx“, der auf das mythische Wesen aus der antiken griechischen und ägyptischen Kultur anspielt, bekannt für seine Rätselhaftigkeit und Unnäherbarkeit.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht eine anonyme, schwer verletzte Frau, die in einem städtischen Krankenhaus behandelt wird. Sie stirbt, ohne dass jemand ihre Identität oder Geschichte kennt. Mit der Zeit verschwindet sie vollständig, hinterlässt keine Spur, kein „Mal“, wie es im letzten Vers heißt.

Das lyrische Ich kommentiert diese Ereignisse mit einer distanzierten, fast journalistischen Sprache ohne es, emotional zu bewerten oder zu kommentieren. Es scheint, als ob das lyrische Ich auf die Gleichgültigkeit und Anonymität moderner städtischer Leben hinweisen möchte, in dem Einzelschicksale oft unbemerkt bleiben und verschwinden.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen, was eine klare, fast nüchterne Struktur vermittelt. Die Sprache ist dabei teils bildhaft – etwa „das heiße Rohr von Stahl“ oder „das gelbe Stadtspital“ – teils aber auch sehr direkt und ungeschönt, wie „den Schädel halb zerschlagen“ oder „Sie blieb stumm und fahl“. Durch diese Mischung vermittelt das Gedicht sowohl Kälte und Distanz als auch eine gewisse Emotionalität im Hinblick auf das beschriebene Schicksal.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Sphinx“. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. Frankfurt am Main ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 91 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Allerseelen“, „Als ich die Universität bezog“ und „Am Kirchhof zu Königsaal“. Zum Autor des Gedichtes „Sphinx“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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