Sonnenaufgang von Louise Otto-Peters

Ein Morgen kam – ich starrte himmelan
Und sah die Sonne auf der Rosenbahn.
Ein Regenbogen schien sich aufzubauen
Gleich einer Brücke in das Himmelreich,
Gleich einem Dom ob niedren Erdenauen,
Doch Dom und Brücke ward dem Herzen gleich.
In Jenen trat’s mit Beten und mit Singen
Im Gottesdienst zur Sonne sich zu schwingen,
Auf diesen schritt es siebenfach umwoben
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Zur Sonne selbst, sich frei ihr zu geloben.
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So war der ganze Himmel vor mir offen!
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Und in mich selbst schaut ich erstaunt, betroffen.
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Da war mein Herz zu einem Garten worden,
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Zwei Friedenspalmen standen an den Pforten –
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Und drinnen, welch ein Drängen, welch ein Treiben!
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Viel tausend Blüten lieblicher Gefühle
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Erwachen aus des Morgentaues Kühle,
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Kein Knöspchen will in seiner Hülle bleiben.
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Es ist ein Sprossen, Streben auf zum Licht:
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Und jede Hoffnung ist ein Lobgedicht
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Und jeder Wunsch ein glühend Minnelied! –
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Inmitten diesem seligen Gebiet
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Ist mir der Liebe Sonne aufgegangen.
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So bringt das Herz sich ihr voll Weihe dar.
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Nach keinem Himmel mag es mehr verlangen
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Als den, der jetzt ihm plötzlich offenbar,
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Denn schön und rein wie heller Sonnenglanz
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Erfüllt der Liebe Seligkeit es ganz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Sonnenaufgang“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
189
Entstehungsjahr
1840-1850
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sonnenaufgang“ wurde von Louise Otto-Peters verfasst, einer Schriftstellerin und Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts. Ihre Werke, oft stark von ihren eigenen Überzeugungen und Erfahrungen beeinflusst, fielen in eine kulturell und politisch turbulente Zeit des Umbruchs und des wachsenden Feminismus.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine atmosphärische, romantische und spirituelle Stimmung erzeugt. Es erzählt eine Geschichte von spiritueller Erweckung und romantischer Liebe, die durch den Metaphern des Sonnenaufgangs und des Gartens dargestellt werden.

Das lyrische Ich beginnt mit der Beobachtung eines Sonnenaufgangs und eines Regenbogens, die als Anzeichen oder Symbole für etwas Bedeutungsvolles interpretiert werden können. Das Gedicht verwendet daraufhin das Bild der Sonne und des Regenbogens als Allegorie für eine spirituelle und emotionale Reise. Diese Reise führt das lyrische Ich schließlich zu einem Punkt der Selbsterkenntnis und der inneren Transformation. Dabei wird das Herz mit einem Garten verglichen - ein Ort voller Leben, Wachstum und Blüte, der durch die Sonne der Liebe beleuchtet wird.

Formal besteht das Gedicht aus 28 Versen in freier Form, ohne klare Strophenstruktur. Dies unterstreicht den freifließenden, spontanen Charakter der spirituellen und emotionalen Erfahrung des lyrischen Ichs. Die Sprache ist reich an natürlichen und spirituellen Bildern und verwendet eine romantische und erhabene Diktion, die den erhabenen und tiefgründigen Charakter des Erlebnis des lyrischen Ichs widerspiegelt.

Die Symbolsprache in „Sonnenaufgang“ ist stark: Sonnenaufgang und Regenbogen als Zeichen der Hoffnung und Veränderung, der Garten als Metapher für das Herz oder die Seele des lyrischen Ichs und die Sonne als Symbol für Liebe und Erleuchtung. Dem Autor gelingt es, eine intime, persönliche Geschichte zu erzählen, die dennoch universale Themen von Liebe, spiritueller Entdeckung und persönlichem Wachstum anspricht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sonnenaufgang“ der Autorin Louise Otto-Peters. Geboren wurde Otto-Peters im Jahr 1819 in Meißen. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1850 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 189 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 28 Versen. Die Dichterin Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für Gedichte wie „An Ludwig Börne“, „An Richard Wagner“ und „Auf dem Kynast“. Zur Autorin des Gedichtes „Sonnenaufgang“ haben wir auf abi-pur.de weitere 106 Gedichte veröffentlicht.

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