So im Wandern von Richard Dehmel
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Ein silbern klein Herze, |
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von Golde ein’n Ring, |
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die gab sie mir, als ich |
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wandern ging, |
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und that in das Herze |
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ihr Bild hinein; |
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so einsam der Morgen, |
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bin doch nicht allein ... |
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Arme Padde im Gleise, |
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zerquetscht liegst du. |
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Ich wandre meine Straße |
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und wandre immer zu. |
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Schon teilt sich der Nebel |
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und schimmert die Welt, |
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im Sonnenschein glitzert |
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das Aehrenfeld; |
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die Hummeln summen, |
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die Lerchen klingen; |
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die Birken wehen, |
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die Zweige schwingen; |
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die Pappeln, die schütteln |
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die Blätter im Wind; |
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sie flüstern, sie singen |
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von meinem fernen Kind. |
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Das Herzelein nehm’ich |
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vom seidenen Band |
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und leg’s in das Ringlein |
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in meiner Hand, |
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so schreit ich und schau |
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als ein Zeichen mir’s an: |
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so halt ich in Treuen |
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ohn Ende Dich umfahn ... |
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Was rennst, Meister Lampe? |
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heut jag’ich nicht. |
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Ich wandre, ich schreite, |
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die Sonne sticht. |
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In Dorfes Mitten |
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der Friedhof sich hebt; |
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wie wird’s gar kühl sich ruhen, |
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wenn man mich einst begräbt! |
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zwei weiße Rosen biegen |
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ums Grabkreuz die Aest, |
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drauf steht mein Nam geschrieben; |
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bis der Regen ihn löscht ... |
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Hinterm Kirchlein die Schenke |
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heißt „Zu den 3 Linden“; |
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da wird ein Ruheplätzchen |
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sich auch wol noch finden! |
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Ei Tausend, mein Schätzchen: |
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so schmuck, und allein? |
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Ei komm doch, rück näher; |
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trink aus, schenk ein! – |
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Na Schätzel, was weinst denn? |
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Ja, die Welt ist hohl, |
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die Welt ist ne Flasche: |
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trink aus! leb wohl! – |
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Was wackelt der Pfahl da? |
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der ist wol betrunken! |
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Ich wandre, ich schreite, |
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in Sinnen versunken. |
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Wir war’n ja so alleine; |
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und sie, sie so weit! |
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ich will ihr Alles sagen, |
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bis sie mir verzeiht ... |
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Und am End meiner Reise |
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steht mein elterlich Haus, |
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da schaut mein lieb Mütterchen |
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am Fenster nach mir aus; |
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und drinnen sitzt mein Vater, |
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wie’n König auf sei’m Thron, |
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und will’s nicht verraten, |
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daß er wart’t auf sein’n Sohn ... |
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Nun will ich nicht sinnen, |
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ob man glücklich kann werden; |
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der Himmel ist hoch, |
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und wir leben auf Erden – |
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schrumm! |
Details zum Gedicht „So im Wandern“
Richard Dehmel
19
77
331
1893
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „So im Wandern“ stammt von Richard Dehmel, einem Dichter des Naturalismus und der frühen Moderne, der von 1863 bis 1920 lebte und arbeitete. Demzufolge kann das Gedicht zeitlich der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert zugeordnet werden.
Auf den ersten Blick scheint es sich um einen lyrischen Bericht eines Wanderers oder Reisenden zu handeln, der sich auf einer physischen und zugleich emotionalen Reise befindet. Er sinniert über die Natur, die Vergänglichkeit des Lebens, die Einsamkeit sowie über die Liebe und die Heimat.
Im Gedicht erzählt das lyrische Ich von seiner Wanderung, begleitet von den Gaben einer geliebten Person - einem goldenen Ring und einem silbernen Herz mit ihrem Bild. Die gegensätzlichen Motive von Einsamkeit und Gemeinschaft, Liebe und Trennung sowie Tod und Leben ziehen sich durch die 19 Strophen. Es ist eine Reise der inneren Reflektion und emotionalen Auseinandersetzung.
In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichtes ist zu erkennen, dass Dehmel einen relativ einfachen und flüssigen Stil nutzt. Jede Strophe besteht überwiegend aus vier Versen, wobei der Rhythmus und das Reimschema variieren. Auffällig ist, dass Dehmel durch die Verwendung alltäglicher und bodenständiger Sprache sowie einer unkomplizierten Grammatik eine besondere Nähe zum Leser*in aufbaut. Zudem wird eine bildhafte und detailreiche Erzählweise genutzt, die die Geschehnisse und Gefühle des lyrischen Ichs lebendig macht.
Zusammenfassend ist das Gedicht „So im Wandern“ eine bildhafte und emotionale Darstellung einer Reise, die weit über eine physische Wanderung hinausgeht. Es handelt sich vielmehr um eine innerliche Suche und Reflektion, die Themen wie Liebe, Einsamkeit und Tod in einer natürlichen Umgebung verhandelt. Hierbei verwendet Dehmel eine einfache aber eindrückliche Sprache, die die Lesenden in die Gedanken- und Gefühlswelt des lyrischen Ichs mitnimmt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „So im Wandern“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Richard Dehmel. Geboren wurde Dehmel im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg. Das Gedicht ist im Jahr 1893 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei dem Schriftsteller Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 331 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 77 Versen mit insgesamt 19 Strophen. Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Auf der Reise“, „Aufblick“ und „Ballade vom Volk“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „So im Wandern“ weitere 522 Gedichte vor.
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- An mein Volk
- Antwort
- Auf der Reise
- Aufblick
- Ballade vom Volk
- Bann
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- Bitte
- Büßende Liebe
- Chinesisches Trinklied
Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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