Aneinander vorbei von Joachim Ringelnatz
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Vom Speisewagen |
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Durchs Land getragen, |
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Siehst du Dörfer, Felder, Katz und Küh. |
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Angenommen, daß dir das Menü |
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Nichts kann sagen. |
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Irgendwo: Zwei Barfußmädchen winken. |
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Wissen selber nicht, warum sie`s tun, |
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Lassen ihre arbeitsharten Hände |
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Für Momente ruhn. |
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Wissen nicht, daß deine Hände sinken, |
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Winken, |
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Grüßen |
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In den ganzen langen Zug hinein, |
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Ahnen nicht, daß du die Scholle sein |
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Möchtest unter ihren schmutz’gen Füßen. |
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Angelangt, ergibst du mittelgroß |
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Dich der Höflichkeit, dem Stande und dem Gelde. |
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Nachts im Bette träumst du hoffnungslos |
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Von den beiden Mädchen auf dem Felde. |
Details zum Gedicht „Aneinander vorbei“
Joachim Ringelnatz
4
19
90
1933
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Aneinander vorbei“ wurde von Joachim Ringelnatz geschrieben, der von 1883 bis 1934 lebte. Seine Poetik wird in der literarischen Moderne verortet, einer Epoche, die um das Ende des 19. Jahrhunderts beginnt und sich über den Beginn des 20. Jahrhunderts erstreckt.
Auf den ersten Eindruck enthält das Gedicht eine melancholische Stimmung, die von einer Sehnsucht nach Einfachheit und Entrückung aus der sozialen Schicht, in der sich das lyrische Ich befindet, zeugt.
In einfachen Worten erzählt das Gedicht von einer Zugfahrt, während derer das lyrische Ich eine flüchtige menschliche Begegnung erlebt. Es nimmt nicht nur die Landschaft wahr, sondern auch zwei barfüßige Mädchen, die am Rand des Feldes arbeiten und zum Zug winken. Obwohl sie keinen direkten Kontakt zu ihm haben, fühlt sich das lyrische Ich zu ihrer einfachen Lebensweise hingezogen und träumt davon, Teil dieser Welt zu sein.
Die Form des Gedichts besteht aus vier Strophen mit variierender Versanzahl, von vier bis sechs Versen. Der Rhythmus ist frei, es gibt kein durchgehendes Reimschema, was typisch für die moderne Lyrik ist. Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch seine Klarheit und Einfachheit aus. Ringelnatz verwendet bildhafte und direkte Ausdrucksweisen, die die Alltäglichkeit des Geschehens und die Intimität der Begegnung verstärken. Die wiederholte Verwendung des Wortes „winken“ in der dritten Strophe trägt zur Schaffung einer Atmosphäre der Sehnsucht und des Verlangens bei.
Insgesamt ist „Aneinander vorbei“ ein poetischer Kommentar zur menschlichen Existenz. Das lyrische Ich fühlt sich in seiner gesellschaftsschicht zugehörigen Welt unwohl und ersehnt eine einfachere, erdverbundene Lebensweise, die es in den barfüßigen Mädchen auf dem Feld wirklichkeitsfern idealisiert. Die Gegebenheiten der sozialen Klassen und die damit einhergehenden Pflichten und Erwartungen werden kritisch reflektiert. „Aneinander vorbei“ taugt somit auch als Reflexion über die menschliche Kommunikation und über die menschliche Fähigkeit, das Leben aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Aneinander vorbei“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1933 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 90 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 19 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Zum Autor des Gedichtes „Aneinander vorbei“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.
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