Slowenischer Leierkasten von Karl Kraus

Das ist ein Sonntagabend,
wo ich in fernem Land
vor rotem Himmelstore
verlorner Liebe stand.
O Melodie, im Ohre
den Gram der Welt begrabend.
 
Das ist die wehe Wunde,
des guten Volkes Leid,
Erkennungsmal der Herzen
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in angstgebundner Zeit.
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O armer Schall der Schmerzen
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um eine Heimatstunde!
 
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Wie in verirrtem Klange
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verhallt das alte Glück,
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kehrt wieder mit Erbarmen
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uns aller Harm zurück.
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Wie wird den guten Armen
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um Land und Liebe bange!
 
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Was ich zum ersten Male
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schon hundertmal gehört,
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hat die entschlafnen Wonnen
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zu Qualen aufgestört.
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O Hingang aller Sonnen
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in einem Thränentale.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Slowenischer Leierkasten“

Autor
Karl Kraus
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Slowenischer Leierkasten“ stammt von dem Plakatieren der Wiener Moderne, Karl Kraus, der von 1874 bis 1936 lebte. Die zeitliche Einordnung lässt sich in der Spätphase der Wiener Moderne festlegen, deren charakteristischen Merkmale Dramatik, Emotionalität und Romantik sind.

Schon beim ersten Lesen wird die melancholische und tiefe Emotionen hervorrufende Atmosphäre des Textes sichtbar. Das lyrische Ich beschreibt eine Art Wehmut und Sehnsucht, die mit Schmerz und Trauer verbunden ist.

Der Inhalt des Gedichts behandelt Themen wie verlorene Liebe, Sehnsucht und Schmerz. Es geht um Kummer, der durch eine verlorene Liebe hervorgerufen wird und die Melancholie und die Traurigkeit, die das Individuum in einer schwierigen Zeit durchlebt. Die Themen der Heimat und des Landesverlusts sind ebenfalls von Bedeutung. Es ist ein sentimentaler Rückblick in die Vergangenheit mit Erinnerungen an bessere Zeiten. Die letzte Strophe vermittelt den Höhepunkt der emotionalen Qual, die durch die Erinnerung an vergangene Freuden hervorgerufen wird.

In Bezug auf Form und Sprache ist auffällig, dass das Gedicht in vier Strophen mit je sechs Versen gegliedert ist. Jede Strophe hat ihre eigene emotionale Ladung und trägt zur Gesamtstimmung des Textes bei. Die Sprache ist bewusst veraltet und romantisch, um den emotionalen Gehalt des Gedichts zu betonen. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen Erinnerung und Gegenwart, Freude und Schmerz, das durch den konsequenten Gebrauch von Paradoxien und metaphorischen Bildern - zum Beispie der Tranentale als Metapher für tiefe Traurigkeit - besonders intensiviert wird. Kraus bedient sich reichlich der Naturbilder, um die Emotionen des lyrischen Ichs zu beschreiben, wie etwa das „rote Himmelsstore“ oder der „Hingang aller Sonnen“.

Karl Kraus' „Slowenischer Leierkasten“ ist daher eine bewegende Ode an verlorene Liebe und Sehnsucht, gepaart mit einer klaren, aber tief emotionalen Sprache und Struktur. Er nutzt dabei die traditionellen Elemente der Wiener Moderne, um eine starke und unvergessliche Wirkung zu erzielen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Slowenischer Leierkasten“ des Autors Karl Kraus. Im Jahr 1874 wurde Kraus in Jičín (WP), Böhmen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1920 entstanden. In München ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 95 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Karl Kraus sind „An den Schnittlauch“, „An eine Falte“ und „An einen alten Lehrer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Slowenischer Leierkasten“ weitere 61 Gedichte vor.

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