Sinnender Spatenstich von Joachim Ringelnatz

Unter der Erde murkst etwas,
Unter der Erde auf Erden.
Pitschert, drängelt. – Was will das
Ding oder was wird aus dem Ding,
Das doch in sich anfing, einmal werden??
 
Knolle, Puppe, Keim jeder Art
Hält die Erde bewahrt,
Um sie vorzubereiten
Für neue Zeiten.
 
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Die Erde, die so viel Gestorbenes deckt,
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Gibt dem Abfall, auch Sonderlingen
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Asyl und Ruhe und Schlaf. Und erweckt
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Sie streng pünktlich zu Zwiebeln, zu Schmetterlingen.
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Zu Quellen, zu Kohlen – – –
 
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Unter der Erde murkst ein Ding,
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Irgendwas oder ein Engerling.
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Zappelt es? Tickt es? Erbebt es? –
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Aber eines Tages lebt es.
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Als turmaufkletternde Ranke,
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Als Autoöl, als Gedanke – – –
 
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Fäule, Feuchtigkeit oder feiner Humor
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Bringen immer wieder Leben hervor.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Sinnender Spatenstich“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
112
Entstehungsjahr
1934
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sinnender Spatenstich“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Erfasst man die Zeit der Entstehung, lässt sich das Gedicht literaturwissenschaftlich innerhalb der Epoche der expressionistischen sowie der Neuen Sachlichkeit verorten.

Betrachtet man das Gedicht das erste Mal, so fällt das wiederkehrende Motiv der Erde auf. Dem Leser wird vermittelt, dass unter der Oberfläche der Erde viel Aktivität stattfindet, obwohl dies oft nicht sichtbar ist. Die Erde wird als Quelle des Lebens dargestellt und symbolisiert zugleich den Kreislauf des Lebens und des Todes.

Die Kernaussage des Gedichts ist, dass trotz scheinbaren Stillstandes unter der Erde immer etwas Neues entsteht und dass die Erde in stetem Wandel ist. Das lyrische Ich spielt auf den natürlichen Lebenszyklus an, in dem Tod und Verfall neue Möglichkeiten für das Leben schaffen. So werden Samen („Keim jeder Art“) von der Erde bewahrt und darauf vorbereitet, zu gedeihen, und schließlich entstehen aus den Überresten von Pflanzen und Tieren neue Lebensformen („Zwiebeln, Schmetterlinge, Quellen, Kohlen“).

In Bezug auf die Form des Gedichts gibt es keine strenge Reimstruktur oder Metrik, was zu einer freien und fließenden Darstellung des Themas führt. Die Sprache ist einfach und verständlich, fügt jedoch durch den Einsatz von Alliteration („Fäule, Feuchtigkeit, feiner Humor“) und Enjambement, in dem die Sätze und Gedanken über die Versgrenzen hinaus fortgesetzt werden, stilistische Nuancen hinzu.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Sinnender Spatenstich“ die unaufhaltsame Kraft des Lebens und die Rolle der Erde als Lebensspenderin betont. Durch den Einsatz von alltäglichen Bildern und einer einfachen Sprache vermittelt Ringelnatz diese Botschaft auf eine zugängliche und anschauliche Weise.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Sinnender Spatenstich“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1934 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 22 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 112 Worte. Die Gedichte „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Sinnender Spatenstich“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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