Selbstunterhaltung in der Mitternachtsstunde von Susanne von Bandemer

Einsame — feyerliche Stunde,
Ο träufle Balsam in die Wunde,
Die mir mein Schicksal schlug!
In dir fühlt sich dies beßre Wesen
Allein zur Ewigkeit erlesen,
Und waget einen höhern Flug.
 
Dich denk’ ich, Gott der Güt’ und Liebe!
Der du, scheint gleich mein Himmel trübe,
Des Glückes Urquell bist.
 
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Hier soll mein Geist an dir eich weiden,
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Mein Geist, der alle seine Leiden
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Bey deiner Herrlichkeit vergißt.
 
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Ich ahne dich in weiter Ferne:
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Du blickst aus jedem deiner Sterne
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Voll Huld auf mich herab.
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Hier sing’ ich dir, wo nichts mich störet,
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Von dir nur und von dem gehöret,
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Den mir dein Wink zum Engel gab.
 
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Dich, Allerhalter, gut und milde,
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Erblick’ ich in dem schönsten Bilde,
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Im Bilde der Natur.
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Dein Angesicht kann niemand sehen;
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Doch dort, wo sich Planeten drehen,
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Ist unverkennbar deine Spur.
 
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Hier bring’ ich dir Dank, Preis und Ehre;
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Bis ich zum Staube wieder kehre,
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Will ich mich deiner freun.
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Nicht deine Wege will ich richten,
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Die heiligste von meinen Pflichten
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Soll Duldung und Ergebung seyn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Selbstunterhaltung in der Mitternachtsstunde“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
171
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Selbstunterhaltung in der Mitternachtsstunde“ wurde von Susanne von Bandemer verfasst, die von 1751 bis 1828 lebte. Ihre Schreibzeit fällt somit in die Zeitepoche des Sturm und Drang, die Übergangsphase zur Weimarer Klassik und in die Romantik.

Bei der ersten Lektüre des Gedichts wird eine melancholische Grundstimmung spürbar. Es handelt von Einsamkeit, Leiden und vom Nachdenken über ein Schicksal, das Schmerzen zugefügt hat.

Inhaltlich beleuchtet das lyrische Ich die besondere Atmosphäre der mitternächtlichen Stunde. In der Einsamkeit der Nacht findet es Trost und Hoffnung. Es bittet um Linderung seiner Schmerzen, die das Schicksal ihm zugefügt hat, spricht von der Hoffnung auf die Ewigkeit und der Möglichkeit, über sich hinaus zu wachsen. Es wird deutlich, dass sich das lyrische Ich an Gott wendet. Dieser Gott ist für das lyrische Ich eine Quelle des Glücks, auch wenn dessen Himmel trübe erscheinen mag. Das lyrische Ich lässt alle Schmerzen angesichts seiner Gottesverehrung hinter sich und singt Gott lobpreisend ein Lied. Hier spricht es von Gott als einem liebevollen Beobachter, der aus der Ferne auf das lyrische Ich herabblickt und bei wem niemand überhört wird. Schließlich sieht das lyrische Ich Gott in der Natur und nimmt sein Dasein als unverkennbares Zeichen Gottes an. Es bringt Gott Dank und Preis und betont die Notwendigkeit von Ausdauer und Hingabe als höchste Pflichten im Leben.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils sechs oder drei Versen. Es gibt kein festes Reimschema. Die Sprache des Gedichts ist einfach und klar, enthält jedoch auch allegorische und metaphorische Elemente.

Insgesamt ist das Gedicht ein Ausdruck tiefen religiösen Empfindens und der Suche nach Hoffnung und Trost in der Ergebenheit an Gott. Es zeigt auf, wie das lyrische Ich in der Einsamkeit der Nacht und in der Natur Wege findet, um mit seinem Schicksal umzugehen und sich der Hoffnung auf etwas Besseres und Höheres zu öffnen. Dabei spricht es von der Milde und Güte Gottes, der sein Leid zu lindern vermag. Es geht hier um tiefes Leid und die spirituelle Erfahrung inmitten dessen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Selbstunterhaltung in der Mitternachtsstunde“ der Autorin Susanne von Bandemer. Geboren wurde Bandemer im Jahr 1751 in Berlin. Im Jahr 1802 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 171 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Susanne von Bandemer ist auch die Autorin für das Gedicht „An Herzberg“, „An Ihn“ und „An Karl Hadermann“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Selbstunterhaltung in der Mitternachtsstunde“ weitere 86 Gedichte vor.

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