Sehnsucht von Paul Verlaine

Das Heim, den schmalen Schein des Lampenlichtes drinnen,
den Finger an der Schläfe zu träumerischem Sinnen,
in den geliebten Blick die Augen ganz versenkt,
die Bücher zu, den Tee heissdampfend eingeschenkt;
das köstliche Gefühl: der Abend geht zur Rüste;
die selige Müdigkeit, das göttliche Gelüste
auf bräutlich Dunkel, ach, und auf die süsse Nacht,
all das verfolgt mein Traum mit rührend steter Macht
durch öde Wartefrist, rastlos, ununterbrochen
10 
Monde der Ungeduld und wuterfüllte Wochen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Sehnsucht“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
74
Entstehungsjahr
nach 1860
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Sehnsucht“ stammt von Paul Verlaine, einem der bedeutendsten französischen Lyriker des Symbolismus im späten 19. Jahrhundert. Es lässt sich zeitlich im Kontext des Symbolismus einordnen, einer Strömung, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und besonders durch ihre enge Verbindung zu Musik und Malerei auffällt.

Auf den ersten Blick fällt eine ruhige und melancholische Stimmung des Gedichts auf, die die Atmosphäre der Abenddämmerung widerspiegelt und in ein Wechselspiel zwischen sehnsüchtiger Melancholie und ruhiger Besinnlichkeit mündet.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das Verlangen und die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach einer geliebten Person oder einem geliebten Ort. Es wird eine vertraute und heimelige Atmosphäre beschrieben: eine lauschige häusliche Szene mit einer leuchtenden Lampe, das Trinken von heißen Tee und das Eintauchen in geliebte Blicke. Doch zugleich wird diese harmonische Stimmung von der unaufhaltsamen Zeit und dem unerfüllten Verlangen des lyrischen Ichs durchkreuzt.

Das lyrische Ich drückt eine romantische und sehnsuchtsvolle Stimmung aus. Es ersehnt die Dunkelheit der Nacht, die Ruhe und Intimität, doch es ist gefangen in einem rastlosen Warten und einer qualvollen Ungeduld. Es ist nicht nur ein Traum von Nähe und intimer Verbindung, sondern auch eine tiefe Sehnsucht und ein tiefes Verlangen nach Erfüllung.

Die Form des Gedichts zeichnet sich durch einen einfachen, aber dennoch melodischen Rhythmus und eine klare, bildreiche Sprache aus. Der Versbau ist frei, es gibt keinen strikten Reim- und Rhythmusvorgaben, was typisch für Verlaine und die symbolistische Lyrik ist. Charakteristisch ist die genaue, auratische Darstellung von Stimmungen und Empfindungen, die den Leser in eine andere Welt versetzt. Die Sprache ist bildreich, mit vielen Metaphern und personifizierten Abstraktionen, die die Stimmung und das Thema des Gedichts intensivieren.

Insgesamt ist Verlaines Gedicht „Sehnsucht“ ein typisches Beispiel für seine symbolistische Dichtkunst, geprägt von melodiöser Sprache, intensiver Stimmungsmalerei und tiefen Emotionen. Es zeigt die tiefgreifende Sehnsucht des lyrischen Ichs und dessen Unfähigkeit, diese zu erfüllen, in einer poetisch eindrucksvollen Weise.

Weitere Informationen

Paul Verlaine ist der Autor des Gedichtes „Sehnsucht“. Geboren wurde Verlaine im Jahr 1844 in Metz. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1860 und 1896. Erscheinungsort des Textes ist Berlin und Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 74 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 10 Versen. Weitere Werke des Dichters Paul Verlaine sind „Charleroi“, „Cythere“ und „Wehmütige Zwiesprache“. Zum Autor des Gedichtes „Sehnsucht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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