Sehnsucht von Carl Streckfuß

Drohende Wetter verdunkeln des Himmels Glanz,
Wolken verschleyern des Sternengewimmels Tanz,
Meer, wie du brausest!
Sturm, wie du sausest!
Blitz, wie so eilig dein Zackenstrahl niederwallt,
Donner, wie gräßlich dein Schreckenston wiederhallt!
Sehnsucht, du wilde, o giebst du mir nimmer Ruh?
Hoffnung, du irre, wo lockt mich dein Schimmer zu?
Ach, in den Stürmen
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Muß ich mich schirmen.
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Für mich die Ruhe, die lächelnde, weilet dort.
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Brüllt denn, ihr Donner, ihr Winde, o heulet fort!
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Könnt’ ich, ihr Wogen, mit euch doch mich thürmen auf,
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Könnt’ ich zur gähnenden Tiefe mich stürmen drauf.
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Wolken dort oben,
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Könnt’ ich doch toben,
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Könnt’ ich wie ihr doch verblitzen des Herzens Gluth,
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Könnt’ ich im Donner vertosen des Schmerzens Wuth.
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Doch ach! die Sehnsucht, sie suchet vergebens Raum,
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Und so durchirr’ ich beängstet des Lebens Traum,
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Sinke und steige,
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Glühe und schweige;
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Daseyn, du dunkle, du freundliche Dichtung du,
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Sehnsucht, sie treibt dich der grausen Vernichtung zu.
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Tod, o du schöner, du schrecklicher, fasse mich,
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Sträubend, doch seelig verglühend erblasse ich!
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Auf von den Ketten
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Mich zu erretten,
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Lieblicher Freude Glanz mir in der Ferne glüht,
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Wenn frey die Seele von Sterne zu Sterne flieht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Sehnsucht“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
192
Entstehungsjahr
1804
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Carl Streckfuß, ein deutscher Dichter und Anglist, der von 1778 bis 1844 lebte. Das Gedicht 'Sehnsucht' kann also zeitlich der Epoche der Romantik zugeordnet werden, welche sich durch eine Konzentration auf das Gefühl und die individuelle Subjektivität auszeichnet.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht einen stürmischen Eindruck. Es wird von Bedrohung, Gefahr und Unruhe geprägt, es gibt aber auch Momente der Hoffnung und Sehnsucht.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich in einem Zustand intensiver Unruhe und Frustration zu sein. Es fühlt sich von der Sehnsucht gefangen und findet keine Ruhe. Es sehnt sich nach Entkommen und Befreiung aus seiner gegenwärtigen Situation. Dabei ist es sich bewusst, dass der Tod eine mögliche Ausgangssituation darstellt. Trotz dieser Schrecklichkeit ist der Tod dennoch als eine Erlösung angesehen, ein Fluchtweg aus der Qual der Sehnsucht. Die wiederholte Verwendung von Naturphänomenen wie Gewitter und Sturm dient dabei als Metapher für die innere Unruhe und die emotionale Turbulenz, die das lyrische Ich erlebt.

Formal gesehen strukturiert Streckfuß das Gedicht als einige Strophen mit jeweils vier Versen, die durch Reime verbunden sind. Die Sprache ist dabei recht emotional und bildreich. Wörter und Wendungen wie „Drohende Wetter“, „Sturm, wie du sausest!“ und „Donner, wie gräßlich dein Schreckenston wiederhallt!“ vermitteln einen dramatischen Ausdruck der Gefühle des lyrischen Ichs und zeugen von einer expressiven Dichtungsweise.

Insgesamt vermittelt das Gedicht „Sehnsucht“ also eine Momentaufnahme intensiver emotionaler Turbulenz und Unruhe, die das lyrische Ich in einer Auseinandersetzung mit seiner eigenen existenziellen Angst vor dem Tod und der unerfüllten Sehnsucht nach Freiheit und Erfüllung erlebt. Dabei bedient sich der Autor einer Metapherik, die stark von Naturgewalten geprägt ist, um die zerrissene, innere Verfassung des lyrischen Ichs zu betonen. Streckfuß gelingt es somit auf beeindruckende Weise, durch die Kombination aus Bildsprache und emotionaler Intensität, den Leser mit in den emotionalen Wirbel zu nehmen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sehnsucht“ des Autors Carl Streckfuß. Streckfuß wurde im Jahr 1778 in Gera geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1804. Der Erscheinungsort ist Wien. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 192 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 30 Versen. Die Gedichte „Das Leben, ein Räthsel“, „Das Riesenkind“ und „Der Blumenkranz“ sind weitere Werke des Autors Carl Streckfuß. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sehnsucht“ weitere 50 Gedichte vor.

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