Schwindsüchtige von Klabund
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Sie müssen ruh’n und ruh’n und wieder ruh’n, |
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teils auf den patentierten Liegestühlen |
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sieht man in Wolle sie und Wut sich wühlen, |
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teils haben sie im Bette Kur zu tun. |
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Nur mittags hocken krötig sie bei Tisch |
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und schlingen Speisen: fett und süß und zahlreich. |
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Auf einmal klingt ein Frauenlachen, qualreich, |
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wie eine Aeolsharfe zauberisch. |
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Vielleicht, daß einer dann zum Gehn sich wendet, |
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– er ist am nächsten Tage nicht mehr da – |
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und seine Stumpfheit mit dem Browning endet... |
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Ein andrer macht sich dick und rund und rot. |
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Die Aerzte wiehern stolz: Halleluja! |
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Er ward gesund! (und ward ein Halbidiot...) |
Details zum Gedicht „Schwindsüchtige“
Klabund
4
14
102
1927
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Schwindsüchtige“ wurde von dem deutschen Schriftsteller Klabund verfasst. Klabund, geboren am 4. November 1890 und verstorben am 14. August 1928, war eine prägende Figur in der deutschen Literatur der Weimarer Republik, wodurch das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden kann.
Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht einen eher düsteren und schweren Eindruck. Es thematisiert das Leben von Schwindsüchtigen, Menschen, die an Tuberkulose leiden, einer Krankheit, die in der Zeit von Klabund oft tödlich war.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht darum, wie die Schwindsüchtigen ihren Alltag bewältigen. Das lyrische Ich beschreibt, wie sie ruhen müssen, entweder in Betten oder auf patenzierten Liegestühlen, und dabei zu kämpfen scheinen („sieht man in Wolle sie und Wut sich wühlen“). Es wird auch auf das Essen eingegangen, das reichlich, fett und süß ist. Eine kurze Erleichterung scheint ein Frauenlachen zu bringen, welches jedoch qualvoll klingt („Auf einmal klingt ein Frauenlachen, qualreich“). Einige der Kranken scheinen sich zu erheben und den Ort zu verlassen, nur um nie wieder zurückzukehren, was auf ihren Tod hindeuten könnte („er ist am nächsten Tage nicht mehr da“). Andere wiederum scheinen gesund zu werden, allerdings mit dem Preis der geistigen Gesundheit („Er ward gesund! (und ward ein Halbidiot...).
Formal ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, die jeweils aus vier bzw. drei Versen bestehen. Die Sprache ist teilweise metaphorisch und ironisch, zum Beispiel wenn von den „patentierten Liegestühlen“ die Rede ist oder der Arzt „Halleluja“ ausrufen lässt aufgrund der physischen Gesundung, dabei aber der geistige Verfall ignoriert wird. Hierdurch wird eine sozialkritische Note transportiert, die sowohl das damalige medizinische System als auch die gesellschaftlichen Bedingungen thematisiert.
Das Gedicht gibt somit einen düsteren Einblick in das Leben von Menschen, die an einer tödlichen Krankheit leiden, und kritisiert die Art, wie sie von der Gesellschaft und vom medizinischen System behandelt wurden.
Weitere Informationen
Klabund ist der Autor des Gedichtes „Schwindsüchtige“. Im Jahr 1890 wurde Klabund in Crossen an der Oder geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1927. Der Erscheinungsort ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 102 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere Werke des Dichters Klabund sind „Ausmarsch“, „Ballade“ und „Baumblüte in Werder“. Zum Autor des Gedichtes „Schwindsüchtige“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 139 Gedichte vor.
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Zum Autor Klabund sind auf abi-pur.de 139 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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