Schwarze Katze von Rainer Maria Rilke

Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle,
dran dein Blick mit einem Klange stößt;
aber da an diesem schwarzen Felle
wird dein stärkstes Schauen aufgelöst:
 
wie ein Tobender, wenn er in vollster
Raserei ins Schwarze stampft,
jählings am benehmenden Gepolster
einer Zelle aufhört und verdampft.
 
Alle Blicke, die sie jemals trafen,
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scheint sie also an sich zu verhehlen,
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um darüber drohend und verdrossen
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zuzuschauern und damit zu schlafen.
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Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,
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ihr Gesicht und mitten in das deine:
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und da triffst du deinen Blick im geelen
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Amber ihrer runden Augensteine
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unerwartet wieder: eingeschlossen
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wie ein ausgestorbenes Insekt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Schwarze Katze“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schwarze Katze“ wurde von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne, verfasst. Er lebte von 1875 bis 1926 und daher ist das Werk in die Zeit des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts einzuordnen.

Der erste Eindruck ist geprägt von einer gewissen Mystik und faszinierender Unsicherheit. Rilke nutzt das Bild der 'schwarzen Katze' als Metapher für das Unbekannte und Unbegreifliche, das scheinbar alle menschlichen Wahrnehmungen 'aufzulösen' vermag.

Inhaltlich dreht sich das Gedicht um die Begegnung zwischen dem lyrischen Ich und einer schwarzen Katze. Der Blick des Ichs wird von der dunklen Färbung des Fells der Katze absorbiert, es stößt an seine Grenzen. Es wird verglichen mit einem Tobenden, der in seiner Raserei ins Leere stößt und verschwindet. Die Katze absorbiert alle Blicke, die sie je traf, und scheint damit gleichzeitig bedrohlich und abweisend. Doch dann wendet sie dem lyrischen Ich ihr Gesicht zu und in ihren Augen sieht es seinen eigenen Blick wieder, wie ein ausgestorbenes Insekt eingeschlossen in Bernstein.

Die Sprache des Gedichtes ist geprägt von Schönheit und Komplexität. Rilke verwendet Metaphern und Vergleiche, um seine Aussage zu verdichten und zu verdichten. Die Form des Gedichtes besteht aus drei Strophen mit einer variierenden Anzahl von Versen (vier, vier und zehn). Es läuft in freien Versen, d.h. es folgt keinem strengen Reimschema oder Metrum, was typisch für die lyrische Moderne ist, in der Rilke schrieb.

Die Aussage des lyrischen Ichs könnte die Unbegreiflichkeit und Faszination des Anderen, des Unbekannten symbolisieren. Der Kontakt zum Anderen scheint zunächst unmöglich, doch letztendlich findet das lyrische Ich sich in der Anderen wieder, allerdings von der Außenwelt abgeschlossen wie ein Insekt im Bernstein. Dies könnte als Reflexion auf menschliche Existenz und Identität, sowie der interindividuellen Kommunikation interpretiert werden. Die Schwarze Katze wird dabei symbolisch zum anderen, unbekannten und doch vertrauten Gegenüber.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schwarze Katze“ des Autors Rainer Maria Rilke. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1918. Erschienen ist der Text in Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 101 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Adam“, „Advent“ und „Allerseelen“. Zum Autor des Gedichtes „Schwarze Katze“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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