Schroffer Abbruch von Joachim Ringelnatz

Laß mich doch allein,
Bitte, bitte!
Meine Schritte
Sind deinen zu klein.
 
Merkst du denn nicht,
Was höfliche Worte sind?
 
Deine Blicke stellen sich blind.
Was aus dir spricht,
Ist nur Angst und die Sucht,
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Fremdes zu gewinnen.
 
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Jemand, vor sich selbst auf der Flucht,
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Findet nicht Ruhe,
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Sich zu besinnen,
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Vergißt die Tat vor Getue.
 
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Du kannst dich selbst nicht ertragen,
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So schwach bist du.
 
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Blicke ein Jahr lang nur in die Höh
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Und höre nur Stillem zu.
19 
Mehr kann ich dir nicht sagen.
20 
Adieu!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Schroffer Abbruch“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
86
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schroffer Abbruch“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Maler, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies lässt darauf schließen, dass dieses Gedicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist.

Das Gedicht hinterlässt zunächst einen starken Eindruck von Abstand und Distanz, gepaart mit Kritik und einer gewissen Verachtung. Es scheint, als handele es sich um die einseitige und eher harte Konversation zwischen dem lyrischen Ich und einer weiteren, nicht benannten Figur.

Inhaltlich besteht das Gedicht aus einer starken Kritik des lyrischen Ichs an einer anderen Person. Diese wird gebeten, das Ich allein zu lassen, da ihre Schritte zu klein seien. Es wird angedeutet, dass diese Person nicht versteht, was höfliche Worte sind und die Blicke dieser Person sich blind stellen. Weiter wird ihr vorgeworfen, von Angst und dem Bedürfnis, Fremdes zu gewinnen, getrieben zu sein. Diese Person scheint auf der Flucht vor sich selbst zu sein, findet keine Ruhe und vergisst vor lauter Getue die eigentliche Tat. Das Ich suggeriert, dass diese Person sich selbst nicht ertragen kann und äußerst schwach ist. Zum Ende hin empfiehlt das lyrische Ich dieser Person, ein Jahr nur in die Höhe zu blicken und Stillen zuzuhören, bevor es sich mit einem „Adieu“ verabschiedet.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit unterschiedlicher Verszahl (4, 2, 4, 4, 2, 4) und benutzt eine direkte, teilweise harsche Sprache ohne Metaphern oder Verkleidungen. Die Botschaften sind direkt und klar. Ringelnatz verwendet keine Reime, und auch der Rhythmus ist eher unregelmäßig. Das Gedicht ist ein typisches Beispiel für die moderne Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts, in der traditionelle Formen und Muster oft durchbrochen wurden.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Schroffer Abbruch“ um ein starkes Gedicht, das in direkter Sprache Kritik übt und emotionalen Abstand zwischen dem lyrischen Ich und der angesprochenen Person schafft.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Schroffer Abbruch“ ist Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1929 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 86 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abgesehen von der Profitlüge“, „Abglanz“ und „Abschied von Renée“. Zum Autor des Gedichtes „Schroffer Abbruch“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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