Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß von Joachim Ringelnatz

Ein Maß Bier und zwei Maß Bier
Und hundert Maß Bier und tausend Maß Bier.
So leben wir, so leben wir
An der Isar.
Und Kalbshaxn und Kalbshaxn.
Wie sind keine Preußen, wir sind keine Sachsen.
Wir sind keine Spießer.
Wir sind Genießer.
 
Oktoberfest im Mai, im August,
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Oktober zu jeder Zeit.
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Wir sind uns unserer selbst bewußt
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Und jodeln aus herziger Brust:
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„Immer kampfbereit!“
 
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Wir sind urwüchsig und frei.
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Wir sind international gesinnt.
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Un, zwo, trois, gsuffa!
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Es lebe unsere Polizei!
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Wer unsere Behörden nicht liebt,
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Der spinnt.
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Wir sind tolerant.
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Die preußischen Sauerein
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Sind uns bekannt.
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Kommt zum Oktoberfest!
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Unterstützt unsere Brauerein!
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Himmel Herrgott Sakrament!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller, Kabarettisten und Maler, der vor allem für seine humoristischen und sarkastischen Gedichte bekannt ist. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, deshalb lässt sich das Gedicht grob in die Zeit der Weimarer Republik und des beginnenden Nationalsozialismus einordnen.

Das Gedicht vermittelt auf den ersten Blick eine ausgelassene, feierfreudige Stimmung. Es scheint eine Hommage an das bayrische Lebensgefühl, insbesondere an das weltbekannte Oktoberfest, zu sein.

Im Inhalt wird das exzessive Feiern mit reichlich Bier und bayrischen Schmankerln wie Kalbshaxen beschrieben. Dabei betont das lyrische Ich die Individualität und Eigenart der bayrischen Kultur, indem es sich explizit von Preußen und Sachsen distanziert und darauf hinweist, dass sie keine Spießer, sondern Genießer sind. Es geht so sehr darum, zu jeder Zeit ausgelassen zu feiern, als wäre Oktoberfest.

Auffällig sind die humorvollen und teils provokanten Aussagen das lyrische Ichs. Es betont ein ausschweifendes Lebensgefühl und eine gewisse Freiheitsliebe, die sich in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Preußen (als Synonym für preußischer Strenge und Disziplin) ausdrückt. Es ist tolerant aber anscheinend auch kritisch gegenüber Preußen und deren „Sauerein“.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus drei Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen. Die erste und größte Strophe enthält acht Verse, die zweite fünf und die dritte zwölf. Die Verslänge variiert dabei stark.

Die Sprache ist einfach und auf das Wesentliche reduziert, wobei regionale Ausdrücke und bayrischer Dialekt das Lokalkolorit unterstreichen und authentischität verleihen. Satire und Humor prägen das Gedicht, sei es durch die Übertreibung des Konsums von Bier und Kalbshaxen oder durch die spielerische Aufforderung, die Polizei und die Brauereien zu unterstützen.

Zusammengefasst ist „Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß“ ein humorvolles Gedicht von Joachim Ringelnatz, das das bayrische Lebensgefühl, insbesondere im Kontext des Oktoberfestes, feiert. Es unterstreicht die Eigenständigkeit der bayrischen Kultur und setzt sich spielerisch-kritisch mit dem preußischen Wesen auseinander. Es ist eine Aufforderung zum Feiern und Genießen des Lebens, eingehüllt in Satire und Humor.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1928 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Zum Autor des Gedichtes „Schneiderhüpfl vor dem Ochsen am Spieß“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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