Schlittenlied von Gustav Schwab

Unter muntrer Glöcklein Schallen
Raschelt’s wie ein Elfenzug,
Freudig drein die Peitschen knallen,
Alles schwindet hin im Flug:
Rosse, Reiter, in der Mitten
Muthig die besonnten Schlitten,
Die, in Sammt und Pelz gehüllt,
Niedlich Feenvolk erfüllt.
 
Kaum begonnen hat die Wonne;
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Ist schon wieder alles aus?
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Weg aus Duft und Schnee und Sonne
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Sollen wir ins dumpfe Haus?
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Doch es öffnen sich die Thüren
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Unter lust’gem Musiciren;
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Freundlich steht zu Tanz und Mahl
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Aufgeschmückt der kleine Saal.
 
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Eilig streift die Winterhülle
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Jedes schöne Kind von sich,
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Schmuck und hell, in süßer Fülle,
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Leuchten alle sommerlich;
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Wissen mit den stillen Blicken
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Ach! so lieblich zu beglücken,
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Holde Rede klingt darein –
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Kann es wohl noch Winter seyn?
 
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Wie sich’s tanzt so freudig heute,
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Sich’s noch besser schmaust und singt!
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Wenn, die Freundlichen zur Seite,
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Glas mit Glas zusammenklingt;
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Wenn, was Keiner wagt zu sagen,
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Jeder darf zu singen wagen;
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Rauscht das Lied, und glüht der Wein –
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Kann es wohl noch Winter seyn?
 
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Draußen spielet licht und leise
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Mit dem Schnee der Mondenschein;
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Fromm beschickt man sich zur Reise,
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Fliegt im hellen Traum herein,
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Wirft sich träumend hin aufs Bette,
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Und um jede Schlummerstätte
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Wogt im Schlafe Tanz und Sang
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Noch die ganze Nacht entlang.
 
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Wer, zur Hand die treue Leier,
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Dieses kleine Lied erdacht,
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Preist zum letzten Mal die Feier
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Solcher schönen Winternacht:
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Wann die Flocken wieder flüstern,
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Wohnt er unter den Philistern;
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Fahrt kehrt wieder, Sang und Klang, –
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Doch vergessen ist er lang!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.1 KB)

Details zum Gedicht „Schlittenlied“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
246
Entstehungsjahr
1828
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schlittenlied“ stammt von Gustav Schwab, einem deutschen Schriftsteller und Pfarrer, der von 1792 bis 1850 lebte. Schwab ist bekannt für seine Sammlungen von Sagen und anderen volkstümlichen Erzählungen. Das Gedicht lässt sich in die Epoche der Romantik einstufen, einer literarischen Epoche, in der Natur, Freiheit und Liebe wesentliche Rollen spielten.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht heiter und froh, es beschreibt eine Schlittenfahrt und ein anschließendes Fest inmitten der winterlichen Natur. In einfachen Worten ausgedrückt erzählt das Gedicht von einer Gruppe Menschen, die in der Kälte des Winters - eingehüllt in Samt und Pelz - eine fröhliche Schlittenfahrt unternimmt. Nach dem Ausflug halten sie in einem kleinen Saal, wo sie tanzen, singen, trinken und essen. Trotz des Winters, der draußen herrscht, ist die Stimmung warm und heiter. Später ziehen sich alle ins Bett zurück, die Gedanken noch voller Bilder von Tanz und Gesang. Im letzten Vers nimmt das Gedicht aber eine melancholische Wendung: Der Autor beendet das Lied und vermutet, dass er, wenn der Winter zurückkehrt, schon vergessen sein wird.

Die Hauptbotschaft des Gedichtes ist die flüchtige Freude und Schönheit des Lebens, die vergangen ist, bevor man es merkt. Das lyrische Ich nimmt diesen Moment der Freude und Wärme fest ein und lässt die Leser ihn miterleben. Gegen Ende des Gedichtes ist dann der Gedanke des Vergehens und des Vergessens zu erkennen.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus sechs achtsilbigen Strophen mit dem Reimschema AABB. Das Gedicht hat einen fließenden Rhythmus, der den Eindruck von Bewegung und Leichtigkeit erweckt - passend zur flüchtigen Freude, die das Gedicht beschreibt.

Die Sprache des Gedichts ist klar und anschaulich, mit verschiedenen Metaphern, die dazu dienen, die Atmosphäre lebendig darzustellen. Das lyrische Ich vergleicht die Schlittenfahrer zum Beispiel mit Elfen und Feen, was einen fast magischen, traumhaften Aspekt in die winterliche Szenerie einbringt. Der Kontrast zwischen der Kälte und Dunkelheit des Winters und der Freude und Wärme des Festes wird deutlich durch Wörter wie „dumpf“, „Mondenschein“, verschärfte Schmuckelemente und sprachliche Bilder wie das Glas, das mit Glas zusammenklingt. Der Wechsel von Bewegung (die fröhliche Schlittenfahrt und der lebendige Tanz) zur Ruhe (das schlafende Träumen) reflektiert den Rhythmus des Lebens und die Flüchtigkeit der Freude.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schlittenlied“ des Autors Gustav Schwab. Im Jahr 1792 wurde Schwab in Stuttgart geboren. Im Jahr 1828 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Stuttgart und Tübingen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 246 Worte. Gustav Schwab ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Schwabenalb“, „Liebesmorgen“ und „Rechtfertigung“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Schlittenlied“ weitere 12 Gedichte vor.

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