Schlechter Tag von Joachim Ringelnatz

Müde streichen meine Finger
Über Runzeln, über Narben,
Über graue Haare.
 
Prost, ihr Freunde, die in diesem Jahre
Mir entstarben!– Bums!!
Bums und klirr!! – Nun hab ich sozusagen
Instinktiv
Eine Fliege totgeschlagen.
War es nicht, als ob sie Hilfe rief?!
 
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Glas kaputt. So! Und jetzt löst mein vierter,
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Letzter Knopf sich scheu von Hose und Faden.
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Muß ich alles, alles ausbaden!?
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Ach, ich werde immer deprimierter.
 
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Wenn doch eine Motte jetzt geflogen käme.
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Ach, ich würde sie zu Plüschsesseln einladen.
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Und noch Samt ihr hinlegen,
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Weil ich mich doch wegen
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Der Fliege so schäme.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Schlechter Tag“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
94
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schlechter Tag“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies versetzt das Werk in die literarische Epoche der Moderne, genauer gesagt in die Weimarer Republik und die frühe NS-Zeit.

Auf den ersten Eindruck hin vermittelt das Gedicht eine Stimmung von Traurigkeit, Müdigkeit und Resignation. Es scheint, dass das lyrische Ich einen sehr schlechten Tag durchlebt, besiegt von den Strapazen des Alltags und des Alterns.

Das Gedicht erzählt, wie das lyrische Ich seine Finger müde über seine Runzeln, Narben und grauen Haare streicht. Es daran erinnert, dass Freunde im gleichen Jahr gestorben sind. Es tötet instinktiv eine Fliege und fühlt sich dann schuldig. Ein weiteres Missgeschick passiert, als der letzte Knopf seiner Hose abfällt. Am Ende des Textes drückt das lyrische Ich den Wunsch aus, sich bei einer Motte für seinen vorherigen Rausch zu entschuldigen, indem es ihr Samt und einen Plüschsessel anbietet.

In Bezug auf Form und Sprache beinhaltet das Gedicht keine Reime oder ein festes Metrum, was typisch für die Lyrik der Moderne ist. Jede Strophe hat eine unterschiedliche Anzahl von Versen, was auch den freien Verscharakter des Gedichts unterstreicht. Diese freie Form könnte auch die Gedanken und Gefühle des lyrischen Ichs widerspiegeln, das sich entfesselt und überwältigt von den Ereignissen seines Tages fühlt. Inhaltlich ist die gedankliche Verbindung der alltäglichen Ereignisse und das Ineinandergreifen von Mensch und Natur bemerkenswert, so wie es typisch für Ringelnatz' Poetik ist.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schlechter Tag“ des Autors Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1929 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 94 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Schlechter Tag“ weitere 560 Gedichte vor.

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