An meinen längst verstorbenen Vater von Joachim Ringelnatz

Ach steh noch einmal auf ins Leben,
Du toter Papa!
Der Krieg ist aus. Dann hat sich viel begeben.
Ob du wohl weißt, was mir geschah?
 
Ach, wenn du kommst, gibt es die Frage nicht:
Wer von uns hatte recht in seiner Meinung?
Wenn du nur kommst — doch komm nicht als Erscheinung.
Komm in mein reingeweintes Augenlicht.
 
Wenn du nur kommst! Ganz greifbar, nicht geträumt.
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Wir werden wie zwei Wellen uns umschlingen.
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Was uns durch Alter trennte, was versäumt
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War, würde groß und unbefangen schwingen.
 
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Ach weiß ich, daß kein Toter aufersteht.
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Doch wenn es das, woran ich glaube, gibt,
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Papa, dann hauche in mich ein Gebet.
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Wir haben uns bisher nur fremd geliebt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „An meinen längst verstorbenen Vater“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
114
Entstehungsjahr
1932
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An meinen längst verstorbenen Vater“ stammt von dem deutschen Dichter Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Er war ein bekannter Vertreter der literarischen Moderne in Deutschland und häufig seinen Werken ist eine Art Humor und Absurdität beinhaltet, welche hier jedoch nicht vorkommt. Dieses Gedicht fällt zeitlich in die Weimarer Republik und behandelt eine persönliche Thematik.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht rührselig und melancholisch mit einer Anklage an den Vater und an die Umstände des Todes. Das lyrische Ich spricht voller Wunsch und Verzweiflung zu dessen verstorbenen Vater und bittet ihn, wieder lebendig zu werden.

Das Gedicht behandelt das tiefe Bedürfnis des lyrischen Ichs, eine Verbindung mit dem verstorbenen Vater herzustellen. Es bedauert, dass sie sich infolge der Altersdifferenz und der langen Abwesenheit nie wirklich nahe kamen. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass das Ich hofft, dass sie sich treffen können, nicht als eine geisterhafte Erscheinung, sondern als wirkliche Figur, die wieder das Augenlicht erlangen könnte. Es entsteht der Eindruck, dass es sein Bedauern ausdrückt und sich nach der Möglichkeit sehnt, die Dinge ungesagt oder ungetan zu lassen.

In Bezug auf die Form des Gedichtes besteht das Gedicht aus vier Strophen, die jeweils vier Verse haben. Die Sprache des Gedichtes ist einfach und schlicht, was zur Intimität und Eindringlichkeit des Inhalts beiträgt. Der Rhythmus und Reim sind nicht streng formalisiert, was eine Konversation und keinen monologischen Ausdruck nachbildet.

Im Ganzen vermittelt das Gedicht ein starkes Gefühl der Reue und der Sehnsucht nach verpasster Intimität. Es stellt eine tiefe Interaktion zwischen dem lyrischen Ich und seinem verstorbenen Vater dar, die zugleich eine universelle Illustration des menschlichen Bedürfnisses nach Nähe und Verbindung ist. Obwohl es unmittelbar auf persönlichem Verlust und Trauma beruht, ist es somit eine allgemein verständliche Erfahrung.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An meinen längst verstorbenen Vater“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. 1932 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 114 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An meinen längst verstorbenen Vater“ weitere 560 Gedichte vor.

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