Schicksal der Schlaube von Joachim Ringelnatz

Anno 1307
Ante Christum natum
War eine Schlaube in einem Zahn steckengeblieben,
Da nahte sich eine Floskel aus Batum
Und sagte: „Erlaube,
Daß ich dir helfe.“ – – „Ganz nach Belieben,“
Sagte die Schlaube.
 
Da war das Liebeswerk schon getan.
Da wurde die Floskel blässer und blässer.
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Die Schlaube indessen sprang in ein fließend Gewässer,
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Trieb fort in der Richtung von Quelle nach Mündung;
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Überall roch es nach ham and eggs.
 
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Und die kleine Schlaube starb unterwegs
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An Ekel, Scharlach oder Gebärmutterentzündung.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Schicksal der Schlaube“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
79
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schicksal der Schlaube“ stammt von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten Joachim Ringelnatz, der im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert aktiv war. Ringelnatz' Name ist eng verbunden mit der humorvollen und teils absurden Dichtung der Weimarer Republik, einer Zeit politischer Unruhen und kultureller Vielfalt, die von den späten 1910er bis zu den frühen 1930er Jahren andauerte.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht eine merkwürdige, fast absurd-komische Ausstrahlung hat. Es beginnt mit einer mysteriösen „Schlaube“, die in einem Zahn steckt und von einer nicht weniger rätselhaften „Floskel aus Batum“ befreit wird. Die Handlung wird in der zweiten Strophe fortgesetzt, als die Schlaube in ein fließendes Gewässer springt und schließlich in der letzten Strophe an „Ekel, Scharlach oder Gebärmutterentzündung.“ stirbt.

Inhaltlich scheint das Gedicht absurde und vermeintlich zusammenhanglose Elemente zu enthalten. Der Leser weiß zunächst nicht, was genau eine 'Schlaube' ist, auch die „Floskel aus Batum“ wird nicht weiter erklärt. Batum ist eine Hafenstadt in Georgien, aber ihr Bezug zu der Floskel bleibt offen. Die Möglichkeit, dass das lyrische Ich Humor, Satire oder kritischen Kommentar anbringen möchte, kann nicht ausgeschlossen werden. Die unerwartete Wendung, dass die Schlaube stirbt und die humoristische Art und Weise, wie dies dargestellt wird, könnten als Kritik an willkürlichen oder unerwarteten Tragödien des Lebens interpretiert werden.

Formal sticht hervor, dass das Gedicht aus drei Strophen besteht und in freien Versen geschrieben ist, was zu Ringelnatz' experimenteller Herangehensweise an Poesie passt. Die Sprache ist direkt und unprätentiös, mit gelegentlichen humorvollen und absurden Wendungen („Überall roch es nach ham and eggs.“)

Insgesamt zeigt das Gedicht Ringelnatz' individuellen Stil, der sich durch einen spielerischen Umgang mit Sprache, Form und Inhalt auszeichnet und häufig zum Nachdenken und Schmunzeln anregt. Zwar ist das Gedicht nicht einfach zu deuten, aber es spiegelt dennoch auf einzigartige Weise seinen humorvollen und absurden Blick auf das Leben wider.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schicksal der Schlaube“ des Autors Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1924 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 79 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abermals in Zwickau“, „Abgesehen von der Profitlüge“ und „Abglanz“. Zum Autor des Gedichtes „Schicksal der Schlaube“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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