Scheu und treu von Wilhelm Busch

Er liebte sie in aller Stille.
Bescheiden, schüchtern und von fern
Schielt er nach ihr durch seine Brille
Und hat sie doch so schrecklich gern.
 
Ein Mücklein, welches an der Nase
Des schönen Kindes saugend saß,
Ertränkte sich in seinem Glase.
Es schmeckt ihm fast wie Ananas.
 
Sie hatte Haare, wie ’ne Puppe,
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So unvergleichlich blond und kraus.
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Einst fand er eines in der Suppe
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Und zog es hochbeglückt heraus.
 
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Er rollt es auf zu einem Löckchen,
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Hat’s in ein Medaillon gelegt.
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Nun hängt es unter seinem Röckchen,
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Da, wo sein treues Herze schlägt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Scheu und treu“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Scheu und treu“ stammt von Wilhelm Busch, der von 1832 bis 1908 lebte und als bedeutender humoristischer Dichter und Zeichner des 19. Jahrhunderts bekannt ist. Dieses zeitliche Einordnen des Autors geht einher mit der sprachlichen und inhaltlichen Analyse des Gedichts, die einige typische Merkmale der bürgerlichen Gesellschaft und des Frauenbildes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts widerspiegeln könnte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht humorvoll und lebendig und erzählt die Geschichte einer einseitigen und unerklärten Leidenschaft.

Das Gedicht erzählt die Geschichte einer unschuldigen und fast kindlichen Liebe eines schüchternen Mannes zu einer Frau. Trotz seiner tiefen Gefühle, kann oder will der Mann seine Zuneigung nicht direkt zeigen und vermeidet daher den direkten Kontakt. Anstatt seine Liebe offensichtlich auszudrücken, drückt er seine Zuneigung auf indirekte Weise aus, indem er subtile, fast obsessive, Gesten macht, wie das Aufbewahren eines ihrer Haare.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht zeigt einen Mann, der sehr verliebt ist, aber seiner Zuneigung kein Gehör schenken kann wahrscheinlich wegen seiner Schüchternheit oder des sozialen Status. Er fühlt eine große Zuneigung für die Frau, was durch seine speziellen Aktionen wie das Aufbewahren des Haares im Medaillon verdeutlicht wird.

Formell besteht das Gedicht aus vier Strophen mit je vier Versen. Der Rhythmus ist fließend und die Sprache ist einfach und klar, typisch für die humoristischen Erzählungen von Wilhelm Busch. Im Text gibt es viele sinnliche Bilder, die eine komische und ironische Atmosphäre schaffen, wie das Beispiel des Mückenstichs, das die Absurdität und fast Tragik der unerwiderten Liebe des Mannes verdeutlicht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Scheu und treu“ ein Gedicht ist, das auf humorvolle Weise die Geschichte einer unerwiderten Liebe erzählt und dabei ein prägendes Bild der Verhaltensweisen und Sitten der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert zeichnet.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Scheu und treu“ ist Wilhelm Busch. Geboren wurde Busch im Jahr 1832 in Wiedensahl. Zwischen den Jahren 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 95 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke des Dichters Wilhelm Busch sind „Auf den Sonntag früh Morgen“, „Bedächtig“ und „Befriedigt“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Scheu und treu“ weitere 208 Gedichte vor.

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