Saxo-Borussen von Kurt Tucholsky

Möchten Sie Saxo-Borusse sein?
 
Domela hat sie genau beschrieben:
was sie auf ihrer Kneipe trieben –
(Rülps)
wie sie fechten, fressen und saufen,
sich niemals ein Kollegheft kaufen –
jeder ein hochfeudales Schwein …
Ein feiner Verein.
 
Möchten Sie Saxo-Borusse sein?
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Ramsch … Manieren: frech und beflissen –
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„Werde zu Hause zu rühmen wissen!“
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(Rülps)
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Füchsegetriez und Chargenspiel;
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Ideal: der uralte Leutnantsstil …
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„Kein Bürjerlicher kommt hier zu uns rein –“
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Ein feiner Verein.
 
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Möchten Sie Saxo-Borusse sein?
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Das ist gar nicht übel. Im Westen und Osten
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gehören ihnen die Botschafterposten –
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sie beherrschen Deutschland. Sie sind dran.
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Sie intriguieren. Mann für Mann.
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In Peking, in Rio und in Madrid:
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immer läuft ein Korpsband mit.
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Und mit diesem Korpsband zieht die Blase
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ein ganzes Volk an seiner Nase.
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Wir fressens aus. Sie brockens uns ein.
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Wer möcht da nicht Saxo-Borusse sein –!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Saxo-Borussen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
27
Anzahl Wörter
133
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Saxo-Borussen“ ist Kurt Tucholsky, ein deutscher Schriftsteller und Journalist, der von 1890 bis 1935 lebte. Er zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Neuen Sachlichkeit in Deutschland und war bekannt für seine gesellschaftskritischen und satirischen Texte. Das Gedicht entstand zwischen den Weltkriegen, einer Zeit großer politischer und sozialer Umbrüche in Deutschland.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht kritisch und satirisch, indem es sich spöttisch auf eine Gesellschaftsgruppe bezieht - die „Saxo-Borussen“. Dieser Begriff beinhaltet einerseits die Anspielung auf die „Borussia“, einen Studentenverbindung in Deutschland und andererseits auf die „Saxos“, was hier möglicherweise eine Metapher für privilegierte, herrschende Klassen ist.

Im Inhalt greift Kurt Tucholsky bekannte Klischees von Studentenverbindungen und dem Hochadel auf: Fechten, Trinken, laut sein, kein Interesse an akademischen Studien, Grobheit und Unhöflichkeit, altmodischer Leutnantsstil und die Ablehnung der bürgerlichen Klasse. Man interpretiert hier die Kritik an der elitären Haltung und der Macht, die diese Gruppen in Deutschland ausüben.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen ungleicher Länge und bedient sich einfacher, direkter Sprache. Besonders auffällig ist die sich wiederholende Frage „Möchten Sie Saxo-Borusse sein?“ sowie der wiederkehrende, ironische Kommentar „Ein feiner Verein.“. Tucholsky nutzt humorvolle Elemente (wie das „Rülps“), um die überspitzte Darstellung der Saxo-Borussen zu unterstreichen.

Sprachlich arbeitet das Gedicht vor allem mit Ironie und Satire, um seinen Punkt zu machen. Der Text liest sich weniger wie ein herkömmliches Gedicht, sondern eher wie ein bissiger Kommentar oder eine pointierte Glosse. Der Einsatz von alltäglichen, teils vulgären Ausdrücken in Kombination mit der noblen Bezeichnung „Verein“ verstärkt den satirischen Ton und den genannten Kontrast.

Zusammengefasst kritisiert Tucholsky in seinem Gedicht „Saxo-Borussen“ die Privilegien und die Macht hauptsächlich von Studentenverbindungen und Adel, gleichzeitig kommentiert er jedoch auch die Gesellschaft, die diese Zustände zulässt und unterstützt. Seine Technik ist die der Überspitzung und der Satire, um den Leser zum Nachdenken anzuregen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Saxo-Borussen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Kurt Tucholsky. Tucholsky wurde im Jahr 1890 in Berlin geboren. 1929 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Tucholsky ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik nahmen der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung der Weimarer Republik. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den Werken dieser Zeit ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionslos-nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise aber auch Erotik deutlich erkennbar. Man kann dies auch als Reaktion auf den literarischen Expressionismus werten. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Die Dichter orientierten sich dabei an der Realität. Mit einem Minimum an Sprache wollte man ein Maximum an Bedeutung erreichen. Mit den Texten sollten so viele Menschen wie möglich erreicht werden. Deshalb wurde darauf geachtet eine nüchterne sowie einfache Alltagssprache zu verwenden. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die zum Beispiel in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz setze den Schriftstellern dieser Zeit noch mal verstärkt Grenzen. 1931 trat die Pressenotverordnung in Kraft, dadurch waren die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate hinweg möglich geworden.

Zur Zeit des Nationalsozialismus mussten viele Schriftsteller ins Ausland fliehen. Dort entstand die sogenannte Exilliteratur. Ausgangspunkt der Exilbewegung ist der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933 im nationalsozialistischen Deutschland. Alle nicht-arischen Werke wurden verboten und symbolträchtig verbrannt. Daraufhin flohen zahlreiche Schriftsteller aus Deutschland ins Ausland. Die Exilliteratur bildet eine eigene Literaturepoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den typischen Themenschwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus ausmachen. Bestimmte formale Merkmale lassen sich jedoch nicht finden. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Expressionismus, Realismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte Gesellschaftsentwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das Gedicht besteht aus 27 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 133 Worte. Der Dichter Kurt Tucholsky ist auch der Autor für Gedichte wie „An Peter Panter“, „An das Publikum“ und „An die Meinige“. Zum Autor des Gedichtes „Saxo-Borussen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 136 Gedichte veröffentlicht.

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