Sankt Georg von Rainer Maria Rilke
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Und sie hatte ihn die ganze Nacht |
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angerufen, hingekniet, die schwache |
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wache Jungfrau: Siehe, dieser Drache, |
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und ich weiß es nicht, warum er wacht. |
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Und da brach er aus dem Morgengraun |
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auf dem Falben, strahlend Helm und Haubert, |
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und er sah sie, traurig und verzaubert |
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aus dem Knieen aufwärtsschaun |
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zu dem Glanze, der er war. |
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Und er sprengte glänzend längs der Länder |
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abwärts mit erhobnem Doppelhänder |
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in die offene Gefahr, |
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viel zu furchtbar, aber doch erfleht. |
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Und sie kniete knieender, die Hände |
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fester faltend, daß er sie bestände; |
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denn sie wußte nicht, daß der besteht, |
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den ihr Herz, ihr reines und bereites, |
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aus dem Licht des göttlichen Geleites |
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niederreißt. Zu seiten seines Streites |
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stand, wie Türme stehen, ihr Gebet. |
Details zum Gedicht „Sankt Georg“
Rainer Maria Rilke
5
20
119
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Sankt Georg“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst. Rilke gehörte zur literarischen Epoche der Moderne, die von etwa 1890 bis 1945 stattfand. Dieses Gedicht könnte somit in diesem Zeitraum entstanden sein.
Der erste Eindruck des Gedichts ist, dass es von einer heroischen Szene spricht, geprägt von mittelalterlicher Dramatik und Hingabe. Es erscheint regelrecht wie die Beschreibung einer mittelalterlichen Ikone oder eines Gemäldes.
Das Gedicht erzählt die Geschichte von Sankt Georg, einem christlichen Heiligen, der als Drachentöter bekannt ist, und einer namenlosen Jungfrau. Die Jungfrau bittet die ganze Nacht um Hilfe, da ein Drache bedrohlich wacht. Sankt Georg erscheint bei Tagesanbruch, sieht die Jungfrau und reitet tapfer in die Gefahr, den Drachen zu bekämpfen. Die Jungfrau kniet weiter und betet für seinen Sieg, obwohl sie nicht weiß, dass ihr reines und vorbereitetes Herz und ihre Gebete ihm die notwendige Kraft und den Sieg sichern.
In Bezug auf die Form des Gedichts besteht es aus fünf gleich gebauten Strophen, jeweils bestehend aus vier Versen. Dies verleiht dem Gedicht eine Form von Ordnung und Symmetrie. Jeder Vers hat in der Regel sieben bis acht Silben, was einen rhythmischen und melodischen Fluss erzeugt.
Die Sprache des Gedichts ist reich an sinnbildlichen Bildern und Metaphern. Insbesondere die Beschreibung von Sankt Georg und der Jungfrau gelingt durch detailreiche und stilvolle Wortwahl („strahlend Helm und Haubert“, „traurig und verzaubert“, „Glanz, der er war“). Die wiederkehrende Verwendung religiöser Begriffe („Jungfrau“, „Gebet“, „göttliches Geleite“) unterstreicht den Zusammenhang mit dem christlichen Glauben und die tiefe Bedeutung der Begegnung und des Kampfes. In einfachen Worten will das lyrische Ich vermitteln, dass sich das Göttliche hinter dieser heroischen, äußeren Handlung verbirgt - der Sieg gegen den Drachen ist nicht nur ein körperlicher Sieg, sondern vor allem auch ein spiritueller und geistiger Sieg, ermöglicht durch den Glauben und die Gebete des Reinen und Bereiten Herzens.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Sankt Georg“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Im Jahr 1918 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 119 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Adam“, „Advent“ und „Allerseelen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sankt Georg“ weitere 338 Gedichte vor.
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