Sanatorium von Klabund

Die Spatzen singen und der Westwind schreit,
Sachtsummend rollt der Regen seine Spule.
Der weiße Himmel blendet wie verbleit,
Verrostet krümmt er sich im Liegestuhle
 
Auf der Veranda. Neben ihm zwei Huren
Aus der Gesellschaft, syphilitisch eitel.
Sie streicheln zärtlich seinen Schuppenscheitel
Und sprechen von Chinin und Liegekuren.
 
In ihren grauverhängten Blicken duckt er,
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Der Morphiumteufel hinter Irismasche.
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Er hüstelt, hustet, und zuweilen spuckt er
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Den gelben Auswurf in die blaue Flasche.
 
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Sie schenkten ihm freundschaftlich Angebinde,
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Als er zum ersten Male in den Garten stieg,
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Je eine Liebesnacht – als drüben in der Linde
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Der Kuckuck einmal rief (für alle drei) – und schwieg.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Sanatorium“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
103
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sanatorium“ wurde von dem Autor Klabund geschrieben, der zwischen 1890 und 1928 lebte. Damit lässt sich das Gedicht in die Epoche des Expressionismus einordnen, die zwischen 1910 und 1925 stattfand und ein gesellschaftskritischer Hintergrund war.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht einen düsteren, tristen und melancholischen Eindruck und scheint vor allem den Schmerz und das Leid im Leben zu verdeutlichen.

Inhaltlich geht es um eine Szenerie in einem Sanatorium. Das lyrische Ich beschreibt eine sehr traurige und bedrückende Szenerie. Es werden Spatzen und der Wind genannt und es regnet. Weiterhin führt das lyrische Ich eine Person ein, die anscheinend krank ist und sich auf einer Veranda in einem Liegestuhl befindet. Es ist von Huren die Rede, die ebenfalls Krankheiten wie Syphilis haben. Das lyrische Ich benennt weiterhin den Morphiumteufel, was eine Metapher für die Sucht nach dem Medikament ist. Das lyrische Ich scheint also krank zu sein und seine Umgebung, also das Sanatorium, zu beschreiben. Die Krankheiten und die Umgebung werden dabei als sehr negativ und depressiv dargestellt.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus vier Strophen, die jeweils vier Verse beinhalten. Die Verse haben kein durchgehendes Reimschema und es gibt ebenfalls kein durchgehendes Metrum, was im expressionistischen Stil üblich ist. Sprachlich fällt vor allem die düstere und negative Wortwahl auf. Konkrete Ausdrücke wie „Syphilitisch eitel“ und „Verbleit“ erzeugen eine Atmosphäre der Tristesse und des Niedergangs. Auch die Metapher des „Morphiumteufels“ verdeutlicht die negativen Auswirkungen der Medikamentensucht.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass das lyrische Ich in „Sanatorium“ seine Leiden und die bedrückende Atmosphäre in einem Sanatorium ausdrückt. Klabund nutzt dabei eine dunkle Wortwahl und dunkle Metaphern, um die Schwere der Zustände und der Gefühle zu verdeutlichen. Es ist eine Darstellung des Lebens auf dem absteigenden Ast, voller Krankheit, Sucht und Hoffnungslosigkeit, typisch für die expressionistische Dichtung.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sanatorium“ des Autors Klabund. Klabund wurde im Jahr 1890 in Crossen an der Oder geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1913. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 103 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Der Dichter Klabund ist auch der Autor für Gedichte wie „Altes Reiterlied“, „Ausmarsch“ und „Ballade“. Zum Autor des Gedichtes „Sanatorium“ haben wir auf abi-pur.de weitere 139 Gedichte veröffentlicht.

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