San Marco von Rainer Maria Rilke
Venedig
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In diesem Innern, das wie ausgehöhlt |
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sich wölbt und wendet in die goldnen Smalten, |
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rundkantig, glatt, mit Köstlichkeit geölt, |
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ward dieses Staates Dunkelheit gehalten |
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und heimlich aufgehäuft, als Gleichgewicht |
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des Lichtes, das in allen seinen Dingen |
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sich so vermehrte, daß sie fast vergingen. |
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Und plötzlich zweifelst du: vergehn sie nicht? |
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und drängst zurück die harte Galerie, |
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die wie ein Gang im Bergwerk nah am Glanz |
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der Wölbung hängt; und du erkennst die heile |
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Helle des Ausblicks: aber irgendwie |
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wehmütig messend ihre müde Weile |
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am nahen Überstehn des Viergespanns. |
Details zum Gedicht „San Marco“
Rainer Maria Rilke
4
14
88
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „San Marco“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, einem wichtigen Dichter der literarischen Moderne, der von 1875 bis 1926 lebte. Das Gedicht ist daher in die Epoche der frühen Moderne einzuordnen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht sehr introspektiv und reflektiert, gleichzeitig aufrichtig und tiefgründig. Rilke stellt eine komplexe raumzeitliche Ebene dar, die eine metaphorische Sprache und intensive Bilder nutzt, um Emotionen und Konzepte zu vermitteln.
In einfachen Worten beleuchtet das Gedicht die innere Dunkelheit und die daraus resultierende Suche nach Licht und Klarheit. Rilke ist bekannt für seine präzisen Beobachtungen und introspektiven Reflexionen, und dieses Gedicht ist keine Ausnahme. Das lyrische Ich durchstreift offenbar symbolisch einen Innenraum - vielleicht eine Gedankenwelt oder Seele -, die dunkel, aber gleichzeitig mit Gold („goldnen Smalten“) durchzogen ist. Dies deuten wir als die innehabende Dualität von Schatten und Licht, Tiefe und Glanz im menschlichen Bewusstsein.
In der dritten und vierten Strophe schaltet das lyrische Ich in den Präsens und die räumliche Metapher wird zum Erlebnis einer Galerie oder eines Bergwerktunnels, nahe der glänzenden Wölbung, wahrscheinlich als Hoffnungsschimmer. Unklar bleibt zunächst, was mit „müde Weile“ und „Viergespann“ gemeint ist, es könnte eine Anspielung auf die Vergänglichkeit und den unaufhaltsamen Lauf der Zeit sein.
Sprachlich verwendet Rilke intensive, wurzelnahe Metaphern und eine hochgradig symbolhafte Sprache, die seine tiefsinnige Reflexion und eindringliche Beobachtungsgabe unterstreicht. Die Form des Gedichts wechselt zwischen vier Versen und drei Versen pro Strophe, was eine Unausgeglichenheit vermitteln könnte, die jedoch durch die durchgängig genutzten jambischen Versmaße sowie die zum Großteil umarmenden Reime abgefedert wird.
Alles in allem ist Rilkes Gedicht „San Marco“ eine tiefgründige und bildgewaltige Erkundung der Dunkelheit und des Lichts des menschlichen Inneren, eingefasst in eine sprungfrohe Form und detaillierte, symbolhafte Sprache, die zu tiefer Reflexion anregt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „San Marco“ ist Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1918 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 88 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Am Kirchhof zu Königsaal“, „Am Rande der Nacht“ und „An Julius Zeyer“. Zum Autor des Gedichtes „San Marco“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.
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