An meinen Freund Herrn P. St. von Heinrich Julius Ludwig von Rohr

Jüngst erst fragtest du, ob meinem Herzen
Näher läge brauner Locken Glanz?
Ob ich fröhnte blonder Mädchen Scherzen?
Ob ich beyden wände gleichen Kranz?
Schwer ist hier die Wahl! – Auf Ida’s Höhen,
Hat schon blind sich Paris fast gesehen;
Und ich armer später Enkel wär so dreist,
Noch zu richten über schöner Formen Geist? –
 
Doch, es sey! ich will es muthig wagen,
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Will dir dreist des Herzens Stimme sagen,
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Und dein Beyfall sey mir hoher Lohn,
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Bau’ ich deutscher Wahrheit einen Thron;
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Ohne Dichterwerth sey dieses Blatt,
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Werth der Wahrheit hat es übersatt! –
 
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Wenn die nie getrübte Aetherbläue
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Ohne Ausdruck blaues Aug’ umschwimmt,
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Blicket man nie ohne lange Reue
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In das schwarze Aug, das flammend glimmt;
 
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Gleich des Blitzes Stralen brennt es Wunden
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Auch in wohlbewahrte Herzen ein;
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Und doch sehnt man sich nicht zu gesunden,
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Wollust ist der Krankheit süße Pein! –
 
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Und, wenn in des braunen Mädchens Blicken,
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Ihrer schönen Seele Abbild glänzt;
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Jede Edelthat mit Hochentzücken
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Sie erfüllt, – sie gern den Edlen kränzt; –
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Wenn beym Klange deutscher hoher Lieder,
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Höher sich ihr deutscher Busen hebt;
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Wenn das Elend jedes ihrer Brüder
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Sie, der Gottheit gleich, zu mildern strebt;
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Wenn bescheidne – milde Rosenröthe,
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Von der Unschuld Lilienglanz umstralt,
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Bey dem Klang der Hirten Abendflöte
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sich auf ihrer Wange lieblich malt;
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Wenn beym schwachen Ton von Lobgesängen
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Ihr gesungen, Purpurflammen sich
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Mit der lichten Schwanenweiße mengen,
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Welche Wonne ist, die meiner glich? –
 
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Dann vergeß ich blauer Augen Glänzen,
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Schaue gern in schwarzer Augen Nacht! –
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Schmücke sie mit frischen Rosenkränzen
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Verschmack sind sie […] von Himmelspracht.
 
43 
v. R.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „An meinen Freund Herrn P. St.“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
43
Anzahl Wörter
257
Entstehungsjahr
1792
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht, das interpretiert werden soll, heißt „An meinen Freund Herrn P. St.“ und wurde von Heinrich Julius Ludwig von Rohr geschrieben, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der von 1767 bis 1810 lebte. Dadurch kann das Gedicht zeitlich in die Epoche der Weimarer Klassik und der Romantik eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht sehr gefühlvoll und introspektiv. Es hat einen lyrischen und sinnlichen Charakter. Es wirkt, als würde das lyrische Ich über seine tiefe Zuneigung zu einer Frau nachdenken und diese Gedanken seinem Freund Herrn P. St. in Versform mitteilen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht darum, dass der Freund des lyrischen Ichs gefragt hat, ob ihm blondes oder braunes Haar mehr gefällt. Daraufhin beginnt das lyrische Ich eine Reflektion über die Attraktivität. Es stellt die Frage auf, ob es gerecht wäre, über die Schönheit zu urteilen. Dann erklärt das lyrische Ich, dass er trotzdem bereit ist, seine Gedanken mitzuteilen, ohne dabei ein Urteil fällen zu wollen. Das lyrische Ich spricht anschließend über die Anziehungskraft der blauen und schwarzen Augen einer Frau und ihre Faszination. Das lyrische Ich erwähnt letztlich, dass es die Kombination aus innerer Schönheit, Moral und Lieblichkeit bevorzugt, jenseits von körperlichen Merkmalen wie Haar- und Augenfarbe.

Die Form des Gedichts besteht aus sieben Strophen mit unterschiedlicher Anzahl von Versen und einem eher freien Rhythmus. Die Sprache ist bildreich und emotional. Die Liebe zu einer Frau, die das Gute in der Welt sieht und tut, wird ästhetisch und bildhaft beschrieben. Die Verwendung von verzückten Naturmetaphern und lebhaften Farben verleiht dem Gedicht einen romantischen Charakter. Es besitzt darüber hinaus eine gewisse Melancholie und Nachdenklichkeit, die typisch für die Literatur der Weimarer Klassik und der Romantik ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Gedicht „An meinen Freund Herrn P. St.“ eine tiefgehende Reflexion über Liebe und Schönheit darstellt, indem das lyrische Ich die Äußerlichkeiten hinterfragt und mehr Wert auf die inneren Qualitäten legt. Es ist also sowohl eine Hommage an eine geliebte Frau als auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Schönheitsidealen der Gesellschaft seiner Zeit.

Weitere Informationen

Heinrich Julius Ludwig von Rohr ist der Autor des Gedichtes „An meinen Freund Herrn P. St.“. Rohr wurde im Jahr 1767 in Holzhausen (heute Stadtteil von Kyritz) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1792. In Leipzig ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Klassik zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 257 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 43 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Julius Ludwig von Rohr sind „An Madame Engst“, „An eine schöne Schlummernde“ und „Epistel“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An meinen Freund Herrn P. St.“ keine weiteren Gedichte vor.

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