Rizzio’s Ermordung von Theodor Fontane
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Herr Darnley reitet in den Wald, Lord Ruthven ihm zur Seite; |
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Herr Darnley spricht: „was frommt es mir, daß in den Lenz ich reite? |
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Ich ritt hinaus ein Schreckgespenst mir aus dem Sinn zu schlagen, |
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Ihr aber Ruthven hastet Euch, in’s Feuer Oel zu tragen.“ |
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Lord Ruthven streicht den rothen Bart, als sei er des zufrieden, |
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Er schweigt, und denkt nur: „wenn es heiß, soll man das Eisen schmieden“; |
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Seit an Maria’s Ohr er frech ein Liebeswort verloren, |
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Hat er der schönen Königin im Herzen Haß geschworen. |
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Er spricht kein Wort, beredter spricht sein Lächeln jetzt und Schweigen, |
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Er sieht, von Schritt zu Schritt, das Blut in Darnley’s Wange steigen, |
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Der ruft: „sing aus Dein Rabenlied, und spricht’s wie Deine Blicke, |
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Verdamm mich Gott, wenn ich den Fant nicht in die Hölle schicke!“ |
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Lord Ruthven streicht den rothen Bart; und spricht: „so soll ich’s glauben |
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Mein Herr und König zweifle noch am Spiel der frommen Tauben? |
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Er wisse nicht, was Jeder weiß vom schottschen Königsstuhle, |
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Daß Heinrich Darnley’s ehlich Weib des David Rizzio Buhle!“ |
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Herr Darnley kehrt gen Edinburg, er hält vor seinem Schlosse: |
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„Lord Ruthven – spricht er – so’s beliebt, bleibt ihr mein Jagdgenosse; |
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Der Fuchs ist schlau, doch bärg er sich in ihres Kleides Falten, |
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Ich jag ihn auf, noch heute Nacht will meinen Schwur ich halten. |
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Es glänzt der festgeschmückte Saal von Rittern wohl und Frauen, |
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Vor allen ist Maria doch als Königin zu schauen, |
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Sie läßt die Zeit bei Spiel und Tanz in raschem Flug enteilen, |
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Und nur ihr Gatte zögert noch des Festes Lust zu theilen. |
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Die Kerzen und die Wangen glühn vor Freuden um die Wette, |
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Es schreitet an Lord Seytons Hand Maria zum Bankette, |
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Der Becher schäumt, Maria winkt ein Saitenspiel zu bringen, |
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Ihr Liebling Rizzio nimmt es hin und hebet an zu singen: |
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Der König zog in finstrem Sinn |
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Hinaus mit seinem Trosse; |
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Nachblickt die schöne Königin |
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Dem Reiter und dem Rosse. |
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Und als des Waldes Laub und Moos |
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Den König kaum erlaben, |
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Da lockt sie schon auf ihren Schooß |
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Den blonden Edelknaben. |
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Sie streicht sein Haar, sie küsst so heiß |
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Die Lippen ihm und Wangen, |
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Die aber sind heut kalt wie Eis |
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Und athmen kein Verlangen. |
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Sie flüstert: „lieber Knabe mein |
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Halt’ fester mich in Armen, |
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Wir wollen eins zur Stunde sein, |
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Das wird Dein Herz erwarmen.“ |
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Er aber spricht: „’s läßt heut mich nicht |
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Fest drücken Dich und pressen, |
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Ich hatt’ zur Nacht ein Traumgesicht |
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Das kann ich nicht vergessen: |
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„Es trat der König vor mich hin |
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Als ich Dich wollte küssen; |
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Mir ist so bang, lieb Königin |
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Als würd’ ich sterben müssen....“ |
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„„So stirb, Du buhlerischer Thor!““ Herr Darnley ruft’s dazwischen, |
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Es fegt im Nu sein Zornesblick die Gäste von den Tischen, |
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„„Stirb denn, und dank’s im Tode mir, daß ich mit guter Klinge |
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Zu Deinem bösen Bubenlied das letzte Verslein singe.““ |
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Es packt den Sänger Todesangst: in namenlosem Leide |
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Hält fest er, wie ein zitternd Kind, sich an Maria’s Kleide, |
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Die tritt, halb Furcht halb Zorn im Blick, hervor ihn zu bewahren, |
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Umsonst, schon ist des Königs Schwert ihm durch die Brust gefahren. |
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Es hält, die lange Nacht hindurch, Maria Todtenwache, |
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Zum ersten Mal zieht durch ihr Herz der heiße Wunsch nach Rache; |
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Die Morgensonne sah den Schwur auf ihrer Lippe beben, – |
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Herr Darnley hat des Sängers Tod bezahlt mit seinem Leben. |
Details zum Gedicht „Rizzio’s Ermordung“
Theodor Fontane
17
65
563
1851
Realismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Rizzio’s Ermordung“ und wurde von Theodor Fontane verfasst, einem bekannten Vertreter des literarischen Realismus, der von 1819 bis 1898 lebte. Das Gedicht ist somit also dem 19. Jahrhundert zuzuordnen.
Auf den ersten Blick fällt die Fünf-Versen-Struktur von Fontanes Versen auf, die zusammen die tragische Geschichte eines Eifersuchtsdramas erzählen. Inhaltlich geht es um eine historische Begebenheit: die Ermordung von David Rizzio, dem Vertrauten von Maria Stuart, durch ihren Gatten Henry Darnley. Das lyrische Ich ist hierbei Beobachter und Berichterstatter dessen, was geschieht.
Im ersten Teil des Gedichts sieht man Darnley und Lord Ruthven reiten und über Rizzios mögliche Affäre mit Maria Stuart sprechen. Darnley zeigt sich von Eifersucht geplagt, während Ruthven die Situation manipuliert, um Darnleys Zorn zu schüren. Im zweiten Teil des Gedichts findet ein Fest in einem geschmückten Saal statt, bei dem Rizzio ein Lied singt, welches seine Affäre mit Maria Stuart offenlegt. Als Darnley dies hört, übermannt ihn die Wut und er ersticht Rizzio.
Die Form und die Sprache des Gedichts sind geprägt durch ein strukturiertes Reimschema und den Einsatz von direkter Rede, um die Dynamik zwischen den Charakteren zu verdeutlichen. Fontane nutzt bildhafte Sprache und Metaphern, um die aufgewühlten Emotionen und das daraus resultierende Drama darzustellen.
Insgesamt ist das Gedicht eine gekonnte Darstellung von Manipulation, Eifersucht und Ungerechtigkeit, dargestellt durch die Schicksale von Rizzio und Darnley. Hier zeigt sich deutlich Fontanes geschickte Verbindung von historischem Stoff mit literarischer Darstellung und psychologischer Vertiefung. Es handelt sich um ein spannungsgeladenes Eifersuchtsdrama mit tödlichem Ausgang, das von Fontane in fesselnden Versen erzählt wird.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Rizzio’s Ermordung“ ist Theodor Fontane. Geboren wurde Fontane im Jahr 1819 in Neuruppin. Im Jahr 1851 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 563 Wörter. Es baut sich aus 17 Strophen auf und besteht aus 65 Versen. Die Gedichte „Auf der Treppe von Sanssouci“, „Ausgang“ und „Barbara Allen“ sind weitere Werke des Autors Theodor Fontane. Zum Autor des Gedichtes „Rizzio’s Ermordung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 214 Gedichte veröffentlicht.
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