Ringsum zerfallene Reste von Marie Eugenie Delle Grazie

Ringsum zerfallende Reste,
Zerbröckelnd und morsch Gestein,
Und drüber hangende Äste,
Und fluthender Sonnenschein....
 
In Diocletian’s Thermen
Ein prächtiges Gotteshaus,
Am Corso Hasten und Lärmen,
Der Weltstadt erregt Gebraus!
 
Und melancholisches Schweigen
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Am Ufer des Tiberstrom’s –
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Gespenstisch wachsen und steigen
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Aus ihm die Geschicke Rom’s:
 
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Gigantisch winkt, aber traurig,
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Das Grab der Vergangenheit,
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Von seiner Zinne droht schaurig
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Der Engel im Schuppenkleid.
 
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Und dort – Sankt Peter – der prächtig
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Das leuchtende Haupt erhebt –
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Die Gegenwart, die noch mächtig
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Nach Schönheit und Täuschung strebt;
 
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Dieweil die Zukunft schon düster
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In Lumpen die Stadt durchirrt –
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O Grauen, wenn ihr Geflüster
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Zum Schrei des Frohlockens wird!
 
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Noch einmal, Rom, wirst du fallen,
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Wie einst das Kreuz dich gefällt –
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Die Wahrheit ruft ihr: „Weh’ Allen!“
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Dann über die ganze Welt....
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Ringsum zerfallene Reste“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
128
Entstehungsjahr
1892
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ringsum zerfallene Reste“ wurde von Marie Eugenie Delle Grazie verfasst, einer österreichischen Dichterin vor dem Hintergrund des Fin de Siècle, die zwischen 1864 und 1931 lebte. Das 19. und frühe 20. Jahrhundert waren für die Literatur in Europa eine Zeit des Wandels und der Suche nach neuem Ausdruck, was sich auch in Delle Grazie's Lyrik widerspiegelt.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht ein Bild von Verfall und Zerstörung, aber auch von Schönheit und Widerstand, das tief in der Geschichte seiner Szenerie verwurzelt ist, welche Roma zu sein scheint.

Das lyrische Ich beginnt das Gedicht mit der Beschreibung von „zerfallenden Resten“ und „zerbröckelndem und morschem Gestein“, was auf die in Auflösung begriffenen Reste menschlicher Kultur und Geschichte hinweist. Es handelt sich hierbei um eine bildhafte Darstellung des Zustands der Gesellschaft zu der Zeit. Es ist jedoch auch Licht in dieser Szene, in Form von „fluthendem Sonnenschein“. Mit der Erwähnung von Diokletian, einem römischen Kaiser, wird klar, dass das Gedicht im historischen Rom spielt, welches als Metapher für die damalige Welt steht. Die Strophen untersuchen verschiedene Aspekte von Rom - die geschäftige aktuelle Stadt, die stille und melancholisch Flusslandschaft, die Spuren der Vergangenheit in Form von Gräbern und Ruinen.

Die Darstellung des Engels, der „droht“, zeigt die missliche Lage der damaligen Situation. Als Sankt Peter erwähnt wird, tritt die kirchliche Bedeutung in den Vordergrund. Das lyrische Ich scheint den Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart darzustellen, wobei die Zukunft als dunkel und ungewiss dargestellt wird.

In der Form handelt es sich um ein klassisches Gedicht mit regelmäßigem Reimschema und einem Äquivalent einer vierzeiligen Strophe. Die Sprache ist bildreich und metaphorisch, mit historischen und religiösen Anspielungen, wodurch das lyrische Ich eine tiefgreifende Aussage über das Leben und den Zustand der Gesellschaft zu ihrer Zeit macht.

Alles in allem scheint das Gedicht „Ringsum zerfallene Reste“ eine düstere, jedoch kraftvolle Bestandsaufnahme einer Gesellschaft im Wandel zu sein, die Vergangenheit, Gegenwart und eine unsichere Zukunft miteinander verbindet, um eine emotionale und intellektuelle Reaktion beim Leser hervorzurufen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ringsum zerfallene Reste“ der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie. Die Autorin Marie Eugenie Delle Grazie wurde 1864 in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. 1892 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Schriftstellerin Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das 128 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Marie Eugenie Delle Grazie sind „Abschied“, „Addio“ und „Addio a Capri“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Ringsum zerfallene Reste“ weitere 71 Gedichte vor.

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