Revue von Kurt Tucholsky

Die Weiblichkeit laß ich vorüberrauschen,
Hilfsdienstmutwillige, Mädchen aus dem Land –
dem Schlagen eines Herzens will ich lauschen –
geb mir die Hand!
 
Ja, aber wer? In diesen Menschenwogen
schwimmt Tinchen, klein und blond, hin und zurück;
zwei linke Beine, zart und sanft gebogen –
ist das das Glück?
 
Wie ists mit der? Gott Eros schwingt die Fackel.
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Die Stangen des Korsettes krachen leis,
11 
die kurzen Finger ziehn an einem Dackel –
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ein Traum in Weiß.
 
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Und du? in schwärzlich finstrer Reife,
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die Schatten dunkler Stunden im Gesicht?
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Es gibt noch Menschen, die besitzen Seife –
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du hamsterst nicht.
 
17 
Ich denk an die gnädige Frau.
18 
In Terzen
19 
pfeif ich vergnügt: Mimi! von diesen Kindern keins.
20 
Mein Wappenspruch, du Wort nach meinem Herzen:
21 
Jeder seins!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Revue“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1919
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Kurt Tucholsky, einem deutschen Schriftsteller und Journalisten, der von 1890 bis 1935 lebte. Somit ist es hauptsächlich in der Zeit der Weimarer Republik entstanden. Einem Zeitalter, das gekennzeichnet ist durch Turbulenzen und gesellschaftliche Umbrüche nach dem ersten Weltkrieg, aber auch durch kulturelle Vielseitigkeit und Avantgarde.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine skizzenhafte Bestandsaufnahme von Frauenfiguren, die der lyrische Sprecher beobachtet und bewertet. In dieser Revue werden verschiedene Frauentypen dargestellt, die wohl in einem bestimmten sozialen und historischen Kontext stehen.

Im Inhalt geht es in Tucholskys Gedicht um den eigenen Standpunkt des lyrischen Ichs, das mit einer kritischen und leicht spöttischen Perspektive seine Umwelt, insbesondere die Frauen, betrachtet und beurteilt. Es entsteht ein Bild der Frau als Objekt der Begierde und Kritik, das von Erscheinungsformen und körperlichen Merkmalen definiert ist. Der Sprecher sucht nach einem Ideal, findet es jedoch nicht; er begnügt sich stattdessen mit der Vielfalt, die er vorfindet.

Form und Sprache des Gedichts sind klar und deutlich. Tucholsky verwendet eine einfache, aber wirksame Sprache, um seine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Er nutzt Reime, um die Gedankenflüsse und die rhythmischen Bewegungen der 'Revue' zu unterstreichen. Gewöhnliche und umgangssprachliche Ausdrücke lassen das Gedicht volksnah und verständlich wirken, während der gelegentliche Einsatz von bildhafter Sprache und Metaphern den Text poetisch und vielschichtig macht. Insgesamt vermittelt dieses Gedicht eine Momentaufnahme aus dem Alltag, die mit einer Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit präsentiert wird. Es spiegelt die Komplexität der menschlichen Natur und der gesellschaftlichen Realität wider, die beide gleichzeitig faszinierend und verwirrend sind.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Revue“ ist Kurt Tucholsky. Der Autor Kurt Tucholsky wurde 1890 in Berlin geboren. 1919 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Charlottenburg. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Bei Tucholsky handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen geschichtlichen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik hatten der Erste Weltkrieg von 1914-1918 und die daraufhin folgende Entstehung und der Fall der Weimarer Republik. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den Werken dieser Epoche ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionslos-nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise aber auch Erotik deutlich erkennbar. Es ist als Reaktion auf den literarischen Expressionismus zu werten. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Die Dichter orientierten sich dabei an der Realität. Mit einem Minimum an Sprache wollte man ein Maximum an Bedeutung erreichen. Mit den Texten sollten so viele Menschen wie möglich erreicht werden. Deshalb wurde darauf geachtet eine einfache sowie nüchterne Alltagssprache zu verwenden. Die Freiheit von Wort und Schrift war zwar verfassungsmäßig garantiert, doch bereits 1922 wurde nach der Ermordung von Walter Rathenau das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. Viele Schriftsteller litten unter dieser Zensur. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die zum Beispiel in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz setze den Schriftstellern dieser Zeit noch mal verstärkt Grenzen. 1931 trat die Pressenotverordnung in Kraft, dadurch waren die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate hinweg möglich geworden.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht in der Fremde suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk im Heimatland bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist politische oder religiöse Gründe den Ausschlag. Die deutsche Exilliteratur entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten insbesondere die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten in den Jahren 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die Exilliteratur bildet eine eigene Literaturepoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den typischen Themenschwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus erkennen. Bestimmte formale Merkmale lassen sich jedoch nicht finden. Allerdings gab es einige neue Gattungen, die in dieser Epoche geboren wurden. Das epische Theater von Brecht oder auch die historischen Romane waren neue literarische Textsorten. Aber auch Radioreden oder Flugblätter der Widerstandsbewegung sind hierbei als neue Textsorten zu erwähnen. Oftmals wurden die Texte auch getarnt, so dass sie trotz Zensur nach Deutschland gebracht werden konnten. Dies waren dann die sogenannten Tarnschriften.

Das 119 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Kurt Tucholsky sind „An das Publikum“, „An die Meinige“ und „An einen garnisondienstfähigen Dichter“. Zum Autor des Gedichtes „Revue“ haben wir auf abi-pur.de weitere 136 Gedichte veröffentlicht.

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