Prométheûs von Susanne von Bandemer

Kaum hatte, von Minerven zum Olymp getragen,
Prométheûs Feuer von dem Sonnenwagen
Den Sterblichen gebracht, als oft aus Unverstand,
Trotz seiner Warnung, Knab’ und Mädchen sich die Hand
Verbrannten. Himmel! welche Klagen
Erhuben hier die Mütter! Haben wir der Plagen
Noch nicht genug? Hat seine Schwägerinn uns nicht
Durch ihren Vorwitz Fieber, Aussatz, Gicht
 
Beschert? Denkt der Titanensohn uns auszurotten?
10 
So hörte man aus Thälern, Büschen, Grotten
11 
Des Menschenfreundes himmlisches Geschenk verschreyn,
12 
Dies reine Sonnenfeuer, dem die Nachwelt alles
13 
Verdanket, das durch Schmelzung des Metalles
14 
Das Feld befruchtet; das die Felsen und den Hain
15 
Zu Städten umschafft; das den Ocean bebrücket.
16 
Das jede Kunst dem Menschen möglich macht;
17 
Dies Element, das uns mit Frühlingswärm’ erquicket,
 
18 
Wenn Erd’ und Himmel starrt; das uns die Winternacht
19 
In hellen Tag verwandelt; das aus den Reichen
20 
Der gütigen Natur für alle Seuchen
21 
Uns Heilungssäfte kochet. — Endlich ward das Schreyn
22 
Von Schädlichkeit des Feuers allgemein,
23 
Und jedem, der mit Zweigen trockner Fichten, Äschen
24 
Und Buchen es genährt, (die Kunst mit Stein und Stahl
25 
Es anzufachen war noch unbekannt) be­fahl
26 
Der hohe Rath es auszulöschen.
 
27 
Denkfreyheit, segensvolles Licht,
28 
Wohlthäterinn der Menschen, reine Himmelsflamme,
29 
O daß die Staatskunst nie dich unter uns verdamme!
30 
Verlösche bey uns ewig nicht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Prométheûs“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
201
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Prométheûs“ wurde verfasst von der Dichterin Susanne von Bandemer, die von 1751 bis 1828 lebte. Dies ermöglicht eine zeitliche Einordnung des Gedichts in die späte Aufklärung und Frühromantik.

Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass das Gedicht sich mit der mythologischen Figur des Prometheus auseinandersetzt, der aus dem Griechischen stammenden Sage nach das Feuer vom Olymp zu den Menschen brachte und dafür bestraft wurde. Das Gedicht wird in vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl präsentiert.

Inhaltlich setzt sich das lyrische Ich mit den Konsequenzen von Prometheus' Gabe und der menschlichen Reaktion darauf auseinander. Im ersten Teil des Gedichts wird geschildert, wie Menschen das Feuer missbrauchen und sich selbst Schaden zufügen. Dies führt zu Klagen und Vorwürfen gegen Prometheus, der als Verursacher gesehen wird. Das lyrische Ich reflektiert jedoch die positiven Auswirkungen der Feuergabe, die in der zweiten Strophe hervorgehoben werden. Es betont, wie das Feuer die Grundlage für viele menschliche Errungenschaften bildet.

Trotzdem wird das Feuer in der dritten Strophe erneut negativ bewertet und soll schließlich gelöscht werden, was metaphorisch für die Ablehnung von Wissen und Fortschritt stehen kann. In der vierten und letzten Strophe wendet sich das lyrische Ich direkt an das Licht – als Symbol für das Feuer, aber auch für Freiheit und Wissen - und appelliert daran, dass dieses nie verlöschen möge. Dies kann als Kritik an institutionalisierter Zensur oder Begrenzung von Wissen und Denken interpretiert werden.

Formal ist das Gedicht in gereimten Versen geschrieben, die innerhalb der Strophen variiert werden. Der Großteil des Gedichts folgt jedoch einem regelmäßigen Reimschema. Die Sprache des Gedichts ist gehoben und setzt auf mythologische und kulturelle Anspielungen. Imagery wird verwendet, um die Bedeutung der Feuergabe zu veranschaulichen.

Bandemers Gedicht erfasst so auf vielschichtige Weise das Dilemma zwischen Fortschritt und den damit verbundenen Gefahren und fordert eine bewusste und verantwortungsvolle Haltung gegenüber Wissen und Erkenntnis.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Prométheûs“ ist Susanne von Bandemer. 1751 wurde Bandemer in Berlin geboren. 1802 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 201 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Die Dichterin Susanne von Bandemer ist auch die Autorin für Gedichte wie „Abschied an Selmar“, „Am Sarkophage der Frau Anne Luise Karschinn, geborne Dürbach“ und „An * * * bey der Übersendung einer Haarlocke“. Zur Autorin des Gedichtes „Prométheûs“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 86 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Susanne von Bandemer (Infos zum Autor)

Zum Autor Susanne von Bandemer sind auf abi-pur.de 86 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.