Poseidon von Heinrich Heine
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Die Sonnenlichter spielten |
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Ueber das weithinrollende Meer; |
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Fern’ auf der Rhede glänzte das Schiff, |
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Das mich zur Heimath tragen sollte; |
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Aber es fehlte an gutem Fahrwind, |
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Und ich saß noch ruhig auf weißer Dühne, |
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Am einsamen Strand, |
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Und ich las das Lied vom Odysseus, |
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Das alte, das ewig junge Lied, |
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Aus dessen meerdurchrauschten Blättern |
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Mir freudig entgegenstieg |
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Der Athem der Götter, |
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Und der leuchtende Menschenfrühling, |
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Und der blühende Himmel von Hellas. |
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Mein edles Herz begleitete treulich |
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Den Sohn des Laertes, in Irrfahrt und Drangsal, |
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Setzte sich mit ihm, seelenbekümmert, |
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An gastliche Heerde, |
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Wo Königinnen Purpur spinnen, |
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Und half ihm lügen und glücklich entrinnen |
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Aus Riesenhöhlen und Nymphenarmen, |
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Folgte ihm nach in kimmerische Nacht, |
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Und in Sturm und Schiffbruch, |
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Und duldete mit ihm unsägliches Elend. |
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Seufzend sprach ich: Du böser Poseidon, |
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Dein Zorn ist furchtbar, |
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Und mir selber bangt |
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Ob der eignen Heimkehr. |
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Kaum sprach ich die Worte, |
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Da schäumte das Meer, |
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Und aus den weißen Wellen stieg |
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Das schilfbekränzte Haupt des Meergotts, |
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Und höhnisch rief er: |
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Fürchte dich nicht, Poetlein! |
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Ich will nicht im g’ringsten gefährden |
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Dein armes Schiffchen, |
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Und nicht dein liebes Leben beängst’gen |
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Mit allzubedenklichem Schaukeln. |
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Denn du, Poetlein, hast nie mich erzürnt, |
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Du hast kein einziges Thürmchen verletzt |
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An Priamos heiliger Veste, |
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Kein einziges Härchen hast du versengt |
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Am Aug’ meines Sohns Polyphemos, |
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Und dich hat niemals rathend beschützt |
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Die Göttin der Klugheit, Pallas Athene. |
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Also rief Poseidon |
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Und tauchte zurück in’s Meer; |
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Und über den groben Seemannswitz |
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Lachten unter dem Wasser |
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Amphitrite, das plumpe Fischweib, |
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Und die dummen Töchter des Nereus. |
Details zum Gedicht „Poseidon“
Heinrich Heine
6
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258
1825–1826
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Poseidon“. Im Jahr 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1826. Erscheinungsort des Textes ist Hamburg. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 258 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 51 Versen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Ach, die Augen sind es wieder“, „Ach, ich sehne mich nach Thränen“ und „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Poseidon“ weitere 529 Gedichte vor.
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