Sonett 86 von Francesco Petrarca

Weh mir, den Amors harter Angriff findet.
Bey Tag und Nacht zu mehr als tausend Mahlen —
Hin kehr’ ich, wo ich sah die Funken strahlen,
Die ew’ge Gluth im Herzen mir entzündet.
 
Dort find’ ich Ruhe — Wenn die Nacht verschwindet,
Wie wenn den Aether Abendgluthen mahlen,
Erfüllen mich so ruhig jene Strahlen,
Daß alles andre meiner Seele schwindet.
 
Der linde Hauch, der mit den klugen Worten,
10 
Von ihrem klaren Antlitz sich ergießet,
11 
Der jede Wolke scheuchet, wo er fächelt,
 
12 
Es scheint, daß er ein seel’ger Geist von dorten,
13 
Neustärkend mich in jener Luft umfliesset,
14 
So daß nur dort dem Müden Ruhe lächelt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Sonett 86“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
nach 1320
Epoche
Spätmittelalter

Gedicht-Analyse

Das Gedicht ist von Francesco Petrarca, einem italienischen Dichter des 14. Jahrhunderts und wichtigen Vertreter der Frührenaissance. Auch bekannt als „Vater des Humanismus“, gilt er als Begründer des modernen Liebesgedichts.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass es sich um ein sehr emotional geladenes Gedicht handelt, in dem das lyrische Ich seine innige Leidenschaft und Hingabe für eine nicht näher identifizierte Person oder Idee offenbart. Formell ist es nach der italienischen Tradition ein Sonett, das aus zwei Quartetten (vier Zeilen) und zwei Terzetten (drei Zeilen) besteht.

Das Gedicht ist geprägt von intensiven Gefühlen und bildhafter Sprache. Das lyrische Ich beschreibt, wie es von der Liebe getroffen wird („Amors harter Angriff“), und kehrt immer wieder zu dem Ort zurück, an dem es die Funken der Liebe gespürt hat. Diese ewige Liebe brennt unaufhörlich in seinem Herzen. Nachts findet das lyrische Ich Ruhe und wird erfüllt von einer friedlichen Ausstrahlung, die so stark ist, dass alles andere aus seinem Bewusstsein verschwindet.

Die zweite Hälfte des Gedichts, bestehend aus zwei Terzetten, wird lyrischer und abstrakter. Das lyrische Ich spricht von einem sanften Hauch (möglicherweise ein Symbol für die Stimme oder den Atem des geliebten Gegenstands), der kluge Worte spricht und alle Wolken verjagt. Dieser Hauch scheint wie ein seliger Geist aus einer anderen Welt, der das lyrische Ich umgibt und stärkt, sodass es nur an diesem Ort Ruhe findet.

In Bezug auf die Form ist das Gedicht recht konventionell und folgt dem klassischen Schema des Sonetts mit 14 Zeilen, unterteilt in zwei Quartette und zwei Terzetten. Trotz der Konventionalität der Form gelingt es Petrarca, eine ökonomische und dennoch ausdrucksstarke Sprache zu verwenden, die das lyrische Ich und seine emotionalen Zustände tiefgehend skizziert.

Stilistisch sind die bildhaften Beschreibungen und emotionalen Intensität ansprechend. Insbesondere die Personifikation von „Amors harter Angriff“ und der metaphorische „linder Hauch“ sind unverkennbare Merkmale von Petrarca's Sonetten. Überraschend sind zudem die dramatischen Wendungen und Kontraste (zwischen Tag und Nacht, Ruhe und Unruhe), die die emotionale Dynamik des Gedichts steigern.

Insgesamt offenbart „Sonett 86“ eine sehr persönliche und emotional geladene Auseinandersetzung mit dem Thema Liebe, die sowohl durch Form als auch durch Inhalt überzeugt. Es zeigt Petrarca's Fähigkeit, seine innersten Gefühle und Leidenschaften auf eindringliche und poetische Weise auszudrücken, was ihn zu einem der wichtigsten Vertreter des frühen europäischen Humanismus macht.

Weitere Informationen

Francesco Petrarca ist der Autor des Gedichtes „Sonett 86“. Im Jahr 1304 wurde Petrarca in Arezzo geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1320 bis 1374 entstanden. Der Erscheinungsort ist Wien. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Spätmittelalter zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „Sonett 131“, „Sonett 132“ und „Sonett 134“ sind weitere Werke des Autors Francesco Petrarca. Zum Autor des Gedichtes „Sonett 86“ haben wir auf abi-pur.de weitere 41 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Francesco Petrarca (Infos zum Autor)

Zum Autor Francesco Petrarca sind auf abi-pur.de 41 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.