Sonett 56 von Francesco Petrarca

Zum alten Kerker hat mich neu geführet
Amor, mit der Verheißung Schmeichellaut,
Den Schlüssel hat der Feindinn er vertraut,
Ob deren noch mein Herz sich selbst verlieret.
 
Gefangen war ich schon, eh’ ichs gespüret,
Doch floh ich aus der Haft, die mich umgraut —
Und wer ist wohl, der meinen Schwüren traut,
Daß Seufzer nur die Freyheit mir gebieret.
 
Gleich dem Gefangnen, den die Haft noch drückt,
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Ist mir der Fesseln größter Theil geblieben,
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In Aug’ und Stirne steht mein Herz geschrieben.
 
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Und wer mir nur ins bleiche Antlitz blickt,
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Der spricht: Wenn Blick und Urtheil mich nicht trügen,
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So war er nah dem Tode zu erliegen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Sonett 56“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
nach 1320
Epoche
Spätmittelalter

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist das „Sonett 56“ vom italienischen Dichter Francesco Petrarca. Als Vertreter der frühen Renaissance lässt sich sein Werk in die Übergangsphase vom Mittelalter zur Neuzeit, also dem 14. Jahrhundert, einordnen.

Erster Eindruck:

Auf den ersten Blick fällt eine melancholische Stimmung auf, die das Leiden des lyrischen Ichs unterstreicht. Das Hauptthema scheint die unglückliche Liebe zu sein, symbolisiert durch Gefangenschaft und Tod.

Inhalt:

Das lyrische Ich beschreibt seine unerwiderte Liebe in Form einer Gefangenschaft. Amor, der Gott der Liebe, hat es in diese Situation geführt und gibt dem weiblichen „Feind“ –zweifellos die objekt seiner unerwiderten Liebe, den Schlüssel. Obwohl das lyrische Ich versucht zu fliehen und sich mit Hilfe seiner Seufzer zu befreien, bleibt es emotional gefangen. Es fühlt sich von den Fesseln der unerwiderten Liebe erdrückt und behauptet, sein Schmerz sei offensichtlich für jeden, der es ansieht.

Form und Sprache:

Das Gedicht ist in der strengen, klassischen Form des Sonetts verfasst, die aus vierzehn Versen besteht, aufgeteilt in zwei Quartette – hier in Vers 1 bis 4 und in Vers 5 bis 8 – und zwei Terzette in Vers 9 bis 11 und in Vers 12 bis 14. Der Versrhythmus entspricht dem des klassischen Sonetts, der ein hervorragendes Mittel ist, um tiefe Emotionen und Reflexionen auszudrücken. Petrarca verwendet in diesem Gedicht eine reiche, bildhafte Sprache. Amor, der Kerker, die Fesseln und das bleiche Antlitz sind sehr starke Metaphern, die das lyrische Ichs und seinen emotionalen Zustand perfekt zum Ausdruck bringen. Die wiederholten Anspielungen auf Gefangenschaft, Flucht und Tod unterstreichen sein Gefühl der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Petrarca in diesem Gedicht auf meisterhafte Weise die Qualen unerwiderter Liebe dargestellt hat. Der Kontrast zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der unausweichlichen Gefangenschaft in der Liebe unterstreicht die tiefe Melancholie und Resignation des lyrischen Ichs.

Weitere Informationen

Francesco Petrarca ist der Autor des Gedichtes „Sonett 56“. Petrarca wurde im Jahr 1304 in Arezzo geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1320 bis 1374 entstanden. In Wien ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Spätmittelalter zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Francesco Petrarca sind „Sonett 104“, „Sonett 113“ und „Sonett 115“. Zum Autor des Gedichtes „Sonett 56“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 41 Gedichte vor.

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