Sonett 198 von Francesco Petrarca
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O kleine Kammer, einst ein sichrer Hafen, |
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Wenn mir am Tag gestürmt des Lebens Welle, |
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Jetzt bist du Stille nächt’ger Thränen Quelle, |
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Die mir am Tag im Auge schüchtern schlafen. |
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O Bette, wo ich einst so sanft geschlafen |
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In so viel Kummer - ach! mit Thränen schwelle |
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Ich jetzt der Kissen liebe Ruhestelle, |
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Seit mir nur hart mich Amors Arme trafen. |
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Doch nicht die Stille, nicht des Schlafes Arme, |
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Mich selbst nur flieh’ ich jetzt, und die Gedanken, |
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Und rastlos treibt michs, ihnen zu enteilen. |
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Dem feindlichen, mir so verhaßten Schwarme |
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Der Menschen muß ich meine Freystatt danken, |
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So schrecklich ist mirs, bey mir selbst zu weilen. |
Details zum Gedicht „Sonett 198“
Francesco Petrarca
4
14
108
nach 1320
Spätmittelalter
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Sonett 198“ und geht auf den italienischen Dichter Francesco Petrarca zurück, der von 1304 bis 1374 lebte. Somit lässt es sich zeitlich in die Epoche des Humanismus und der Frührenaissance einordnen.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und schwer - es scheint, als würde das lyrische Ich seinen Schmerz und seine innere Zerrissenheit in Worte fassen. Die konstante Analogie von Schlaf und Wachzustand, Sicherheit und Unsicherheit und Introspektion und Extrospektion prägen den ausdrucksstarken Ton des Sonetts.
Im Inhalt zeigt sich das lyrische Ich von Betrübnis geplagt und beschreibt seine kammer und sein Bett als Zeichen seiner Isolation und seelischen Erschöpfung. Früher dienten sie als sichere Zuflucht vor den Turbulenzen des Lebens, jetzt sind sie nur noch Quellen für nächtliche Tränen. Die Veränderung wird durch die Einwirkung von „Amors Armen“, also wohl einer unglücklichen Liebe, hervorgerufen.
Im weiteren Verlauf offenbart das lyrische Ich, dass es vor sich selbst und seinen Gedanken flieht. Es sieht sich gezwungen, trotz seiner Isolation und Abneigung Menschen gegenüber, in ihrer Gesellschaft Schutz zu suchen, da es ihm unerträglich ist, bei sich selbst zu verweilen.
In Bezug auf die Form ist das Gedicht als Sonett verfasst, eine strenge lyrische Form, die aus vierzehn Versen besteht, die üblicherweise in zwei Quartetten und zwei Terzetten angeordnet sind. Hier folgt Petrarca jedoch dem italienischen Aufbau mit zwei Quartetten und zwei Terzetten.
Die Sprache des Gedichts ist emotional und expressiv, geprägt von starken Kontrasten und intensiven inneren Erlebnissen. Die poetischen Mittel wie Allegorien, Metaphern und Personifikationen tragen weiterhin dazu bei, die emotionale Wirkung des Gedichts zu verstärken und ein komplexes Bild des inneren Zustands des lyrischen Ichs zu zeichnen. Ein signifikanter Aspekt in dieser Hinsicht ist die Personifikation der Kammer und des Bettes, die sich von Schutz- zu Leidensräumen transformieren.
Alles in allem thematisiert das Gedicht in eindrücklicher Weise innere Zerrissenheit und Isolation, die durch unerfüllte Liebe hervorgerufen wird und schafft es dabei, den Leser tief zu berühren und zum Nachdenken zu animieren.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Sonett 198“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Francesco Petrarca. Der Autor Francesco Petrarca wurde 1304 in Arezzo geboren. Zwischen den Jahren 1320 und 1374 ist das Gedicht entstanden. In Wien ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Spätmittelalter zuordnen. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 108 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Francesco Petrarca sind „Sonett 113“, „Sonett 115“ und „Sonett 12“. Zum Autor des Gedichtes „Sonett 198“ haben wir auf abi-pur.de weitere 41 Gedichte veröffentlicht.
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