Passantin von Joachim Ringelnatz

So schöner Wuchs! So schöne Haut!
So schöne Hände, schöne Haare.
Ganz Frauenanmut. – Und für wen gebaut?
Und für wie viele Jahre?
 
Aus Worten, Augen streichelt mich ein Geist,
Der mir gefällt und heimlich schön verspricht.
Für mich so schön, vielleicht für andre nicht. –
Was nützt es mir, da es vorüberreist.
 
Und nützt mir doch, kann meine Phantasie
10 
Versagtes in Konvexes übertragen. –
 
11 
Die Wolke, die dich labt, du fängst sie nie;
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Sie hört dich nicht und du kannst ihr nichts sagen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Passantin“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
81
Entstehungsjahr
1934
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Passantin“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der von 1883 bis 1934 lebte. In Bezug auf die zeitliche Einordnung lässt sich festhalten, dass Ringelnatz hauptsächlich während der Weimarer Republik wirkte, einer Epoche, die durch große politische und gesellschaftliche Umbrüche geprägt war.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht geheimnisvoll und träumerisch, es scheint um eine flüchtige, aber intensiv wahrgenommene Schönheit zu gehen, die das lyrische Ich tief berührt. Der Inhalt des Gedichts handelt von einer vorbeigehenden Frau, die das lyrische Ich durch ihr Äußeres begeistert und inspiriert. Sie wird als attraktiv und anmutig beschrieben. Zugleich wird deutlich, dass diese Schönheit flüchtig und unerreichbar ist. Das lyrische Ich fragt sich, für wen diese Frau „gebaut“ ist und wie lange ihre Schönheit und Anmut anhalten werden.

In den folgenden Versen drückt das lyrische Ich Sehnsucht und melancholische Resignation aus. Die vorbeigehende Schönheit wird als ein vorüberreisender „Geist“ beschrieben, der das lyrische Ich streichelt und heimlich Versprechungen flüstert. Dennoch ist dieser Geist, wie die Passantin selbst, unerreichbar.

In der dritten Strophe deutet das lyrische Ich jedoch an, dass die unerreichte Schönheit und Vergänglichkeit dennoch einen Nutzen hat: Sie befeuert seine Fantasie und inspiriert ihn. Auch wenn er sie nicht haben kann, so kann er doch die Schönheit in seine Gedanken und Träume integrieren.

Das Gedicht schließt mit einer Metapher, die symbolisch die Unmöglichkeit der Interaktion zwischen dem lyrischen Ich und der Passantin darstellt: Sie ist wie eine Wolke, die zwar erfrischend wirkt, aber nicht gefangen werden kann und auf die man nicht einwirken kann.

Formal folgt das Gedicht keiner bestimmten Strophen- und Versform, was eine gewisse Unbestimmtheit und Offenheit erzeugt.

Die Sprache ist leicht verständlich, aber reich an Metaphern und Bildern, die die flüchtige Schönheit und Vergänglichkeit thematisieren. Der Ton ist melancholisch und sehnsuchtsvoll, doch es finden sich auch Elemente der Verehrung und Inspiration.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Passantin“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1934 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 81 Worte. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Zum Autor des Gedichtes „Passantin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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