Parkett von Kurt Tucholsky

Das Stück hat Weltanschauung. Neben mir Ottilchen
hat weit die grauen Augen aufgemacht:
Der, nach dem Spiel, erhofft ein Kartenspielchen,
Der eine Nacht …
 
Der Diener meldet die Kommerzienräte,
die Gnädige empfängt, ein Sektglas klirrt.
Ich streichle ihre Hand, die sonst die Hüte nähte ...
Ob das was wird?
 
Da oben gibt es Liebe und Entsetzen,
10 
doch so gemäßigt, wie sichs eben schickt.
11 
„Ottilie“, flüstre ich, „vermagst du mich zu schätzen?!“
12 
Sieh da: sie nickt!
 
13 
Nun läßt mich alles kalt: die ganze Tragik
14 
ist jetzt für mich verhältnismäßig gleich.
15 
Und nimmt Madameken ihr Gift, dann sag ick:
16 
„Ich bin so reich …“
 
17 
Was kümmern mich die blöden Bühnenränke!
18 
Nu sieh mal, wie sie um die Leiche stehn!
19 
Genug –
20 
… „Ottilie“, spreche ich, „ich denke –
21 
wir wollen gehn …“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Parkett“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1919
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Parkett“ stammt vom deutschen Autor Kurt Tucholsky, der von 1890 bis 1935 gelebt hat. Er war ein bekannter politischer Journalist, Schriftsteller und Satiriker der Weimarer Republik, und dieses Gedicht könnte in die Zeit dieser Jahre im Deutschland der 1920er und 1930er eingeordnet werden.

Der erste Eindruck vermittelt eine bürgerlich-elitäre Theateratmosphäre, in der sich das lyrische Ich befindet. Es scheint, dass das Ich eine Beobachtung der Gesellschaft und deren Verhalten in einer bestimmten Situation gegeben wird.

Inhaltlich wird über das Geschehen rund um eine Theatervorstellung berichtet. Verschiedene Personen werden beschrieben, unter ihnen wahrscheinlich reiche und angesehene Gäste, das lyrische Ich und eine Frau namens Ottilie. Dieses Ich stellt verschiedene Beobachtungen an, insbesondere bemerkt es, dass das Theaterstück eine Weltanschauung hat. Es scheint etwas über die gesellschaftlichen Erwartungen zu erahnen und innerhalb des Theaterstücks parallelen zu seiner eigenen Situation zu ziehen.

Die Form des Gedichts ist auffällig: Fünf Strophen mit jeweils vier bis fünf Versen. Die Anzahl der Silben pro Vers variiert stark, was keinen festen Rhythmus erkennen lässt. Tucholsky verwendet Umgangssprache, und es gibt einen Dialog zwischen dem lyrischen Ich und Ottilie. Es werden einfache, aber ausdrucksstarke Formulierungen verwendet. Spannend ist auch die Verwendung von Kolloquialismen oder umgangssprachlichen Ausdrücken wie „Madameken“ und „ick“, die den sozialen Hintergrund des lyrischen Ichs möglicherweise verdeutlichen könnten.

Die Sprache des Gedichts ist klar und einfach, es werden Alltagssituationen beschrieben, aber gleichzeitig wird eine gewisse Distanz zu den Geschehnissen gezeigt. Es scheint sich um eine Kritik an den gesellschaftlichen Normen und Erwartungen zu handeln, und das lyrische Ich scheint sich gegen diese Normen zu stellen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren - die Beziehung zu Ottilie. In diesem Sinne scheint das Gedicht eine sozialkritische Botschaft zu haben, die aufzeigt, dass das Theater (und die Gesellschaft im Generellen) nur eine Bühne ist und es wichtigere Dinge im Leben gibt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Parkett“ des Autors Kurt Tucholsky. Im Jahr 1890 wurde Tucholsky in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1919 entstanden. Der Erscheinungsort ist Charlottenburg. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zu. Der Schriftsteller Tucholsky ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen geschichtlichen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik hatten der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung und der Fall der Weimarer Republik. Bei der Neuen Sachlichkeit war der Inhalt der Texte wichtiger als die Form. Die Autoren dieser Bewegung wollten mit ihren Texten möglichst viele Menschen aus allen sozialen Schichten ansprechen. Aus diesem Grund wurden die Texte in einer alltäglichen Sprache verfasst und wurden oft im Stile einer dokumentarisch-exakten Reportage geschrieben. Die Freiheit von Wort und Schrift war zwar verfassungsmäßig garantiert, doch bereits 1922 wurde nach der Ermordung eines Politikers das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. Viele Schriftsteller litten unter dieser Zensur. In der Praxis wurde dieses Gesetz allerdings nur gegen linke Autoren angewandt. Aber gerade die rechts gerichteten Schriftsteller waren es häufig, die in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Die Grenzen der Zensur wurden 1926 durch das sogenannte Schund- und Schmutzgesetz nochmals verstärkt. Die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen wurden durch die Pressenotverordnung im Jahr 1931 ermöglicht.

Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Schriftsteller, die ins Exil gehen, also ihr Heimatland verlassen mussten. Dies geschah insbesondere zu Zeiten des Nationalsozialismus. Die Exilliteratur geht aus diesem Umstand hervor. Der Ausgangspunkt der Exilbewegung Deutschlands war der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933. Die deutsche Exilliteratur schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an und bildet damit eine eigene Literaturepoche in der deutschen Literaturgeschichte. Themen wie Verlust der eigenen Kultur, existenzielle Probleme, Sehnsucht nach der Heimat oder Widerstand gegen das nationalsozialistische Deutschland sind typisch für diese Epoche der Literatur. Bestimmte formale Merkmale lassen sich jedoch nicht finden. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Expressionismus, Realismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte gesellschaftliche Entwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das 123 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Die Gedichte „An Peter Panter“, „An das Publikum“ und „An die Meinige“ sind weitere Werke des Autors Kurt Tucholsky. Zum Autor des Gedichtes „Parkett“ haben wir auf abi-pur.de weitere 136 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Das Video mit dem Titel „Kurt Tucholsky: PARKETT (Gedicht)“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Kurt Tucholsky

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Kurt Tucholsky und seinem Gedicht „Parkett“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Kurt Tucholsky (Infos zum Autor)

Zum Autor Kurt Tucholsky sind auf abi-pur.de 136 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.