Ossians Sonnengesang von Friedrich Wilhelm von Hoven
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O die du, rund wie meiner Väter Schild, |
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Wandelst, Sonne, dort oben! |
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Woher dein ewig Licht? Von wannen quillt |
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Dein Stralenstrom? Mit Majestät erhoben |
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Trittst du herfür! – Da zittern zurük |
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Die dunkeln Gestirne vom tagenden Himmel: |
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Frostig bleich fliehet der Mond ins Abendwellengewimmel |
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Finster vor deinem allherrschenden Blik! |
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Einsam gehst du, angethan mit Lichte! – |
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Wer in deinem Lauf gibt dir Geleit? |
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Von den Bergen stürzt die stolze Fichte; |
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Berge selbst zerstäuben für der Zeit; |
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Gen Himmel steigt und niederfällt das Meer: |
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Aber du jauchzest unwandelbar herrlich daher. |
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Wenn durchs Dunkel zuken die Blize; |
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Wenn Orkane heulen durch der Felsen Rize; |
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Hagel regnet, wenn der Donner kracht, |
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Und die Welt der Sturm begräbt in Nacht; – |
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Schauest du aus deiner Wolkenwiege, |
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Lächelst du der Elementen Kriege! |
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Aber ach! für Ossian vergebens |
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Lächelst du, du Quelle alles Lebens, |
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Nimmer sieht er deinen goldnen Stral |
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Niederfliessen in das Morgenthal, |
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Nimmer dich, umrauscht vom Wellenschwarme, |
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Niederwiegen in des Abends Arme! |
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Doch, o Sonne, wirst auch du vielleicht – |
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Sonne ach! wie Ossian verschwinden? |
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Daß auch deine Jugendkraft entweicht, |
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Daß auch einstens deine Tage enden, |
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Daß du schläfst in deiner Wolkengruft, |
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Hörest nimmer, wenn der Morgen ruft! |
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O so freu’ dich deiner Jugendschöne! |
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Bleich und unhold ist des Alters Mine, |
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Düster, wie wenn Mondenlicht |
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Durch zerrißne Winterwolken bricht, |
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Wenn hinauf der Nebel strömt am Hügel, |
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Durch die Ebne rasselt Nordwinds Flügel, |
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Und in Mitte seiner Fahrt |
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Der Wanderer erstarrt! |
Details zum Gedicht „Ossians Sonnengesang“
6
40
232
1782
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das gegebene Gedicht ist „Ossians Sonnengesang“ von Friedrich Wilhelm von Hoven, einem deutschen romantischen Dichter, der von 1759 bis 1838 lebte. Somit lässt es sich zeitlich in die Epoche der Romantik (Ende 18. und Anfang 19. Jahrhundert) einordnen.
Betrachtet man das Gedicht initial, fällt die glanzvolle, ja fast ehrfurchtsvolle, Darstellung der Sonne ins Auge. Sie wird als übermächtig, unsterblich und majestätisch beschrieben.
Inhaltlich konzentriert sich das lyrische Ich auf die Darstellung der Sonne und ihren täglichen Kreislauf. Es stellt seine Fragen über die Herkunft und die Unveränderlichkeit der Sonne und deren einzigartige und mächtige Natur, die andere Gestirne zum Zurückweichen bringt. Die Sonne wird als unabhängig und unerschütterlich auch gegenüber Naturgewalten wie Stürmen beschrieben. Dann wechselt die Perspektive auf Ossian, dem romantischen Helden, der nie das Glück hat, die Sonne zu erblicken. Das lyrisische Ich spekuliert, ob die Sonne, ähnlich wie Ossian, eines Tages ihre Kraft verlieren und verschwinden könnte. Schließlich wird die Vergänglichkeit des Lebens aufgegriffen und dargestellt, wie das Altern die Schönheit der Jugend verdrängt.
Die Form des Gedichts ist geprägt durch unterschiedlich lange Strophen, die Reimstruktur ist in jeder Strophe unterschiedlich, was wohl auf die Freiheit der Romantik zurückzuführen ist. Die Sprache ist gehoben und poetisch, typisch für die Zeit der Romantik und passend zur erhabenen Darstellung der Sonne. Es finden sich zahlreiche Naturbilder und Vergleiche, die der Veranschaulichung und idealisierten Darstellung der Sonne dienen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht die Erhabenheit und Überlegenheit der Sonne, aber auch ihre mögliche Endlichkeit und das unabwendbare Altern eines Individuums thematisiert. Es ist ein Sinnbild für die romantische Sehnsucht, die Vergänglichkeit des Lebens und das Streben nach höherem, symbolisiert durch die unerreichbare Sonne.
Weitere Informationen
Friedrich Wilhelm von Hoven ist der Autor des Gedichtes „Ossians Sonnengesang“. Im Jahr 1759 wurde Hoven in Stuttgart geboren. Im Jahr 1782 ist das Gedicht entstanden. In Stuttgart ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 232 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Weitere Werke des Dichters Friedrich Wilhelm von Hoven sind „Die Spinne und der Seidenwurm“, „Gegründete Furcht“ und „Unterschied der Zeiten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ossians Sonnengesang“ keine weiteren Gedichte vor.
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