Nähe des Geliebten von Johann Wolfgang von Goethe

Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In Quellen mahlt.
 
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
Der Wandrer bebt.
 
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
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Die Welle steigt.
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Im stillen Haine geh’ ich oft zu lauschen,
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Wenn alles schweigt.
 
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Ich bin bei dir, du seyst auch noch so ferne,
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Du bist mir nah!
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Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
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O wärst du da!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Nähe des Geliebten“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
93
Entstehungsjahr
1795
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Nähe des Geliebten“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung, geschrieben. Goethe lebte von 1749 bis 1832, womit wir das Gedicht in die Epoche der Weimarer Klassik einordnen können.

Schon beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen tief romantischen Eindruck. Es geht um die Liebe und die Sehnsucht nach Nähe, wobei der Abstand zum Geliebten als emotionale Distanz erlebt wird. Dabei spielt die Natur eine bedeutende Rolle und wird als Spiegel der Gefühlswelt des lyrischen Ichs genutzt.

Inhaltlich beschäftigt sich Goethe in diesem Gedicht mit der emotionalen Verbindung zum geliebten Gegenüber. Das lyrische Ich reflektiert die Gedanken, die es hat, wenn es von Sonne und Meer umgeben, es sieht die geliebte Person, wenn Staub sich auf einem fernen Weg erhebt oder es Nachtwanderer auf einem schmalen Pfad sieht. Die Liebe ist so kraftvoll, dass sie die räumliche Distanz überwindet und die vermisste Person in jeder Situation präsent ist.

Das Gedicht besteht aus vier Versen pro Strophe, von denen es insgesamt vier gibt. Diese regelmäßige Form trägt zur Harmonie des Inhalts bei. Jede Strophe beginnt mit einer direkten Ansprache und beschreibt dann eine Szene, in der die gedankliche Begegnung mit dem Geliebten stattfindet.

Die Sprache des Gedichts ist direkt und schlicht, was die Tiefe und Reinheit der Gefühle des lyrischen Ichs unterstreicht. Goethes Wortwahl ist dabei bildhaft und suggestiv, was dazu beiträgt, die poetische Atmosphäre zu erzeugen. Durch die Verwendung der verbalen Adressierung „ich denke dein“ und „ich sehe dich“ ist die Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und dem Adressaten sehr intim und intensiv.

Insgesamt betrachtet ist „Nähe des Geliebten“ ein emotionales wie kunstvolles Gedicht, dass die Romantik und Sehnsucht in der Liebe einfängt und durch den geschickten Einsatz von Sprache und Form emotional ansprechend macht. Es zeigt Goethes meisterhafte Fähigkeit, Gefühle durch Dichtung zum Ausdruck zu bringen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Nähe des Geliebten“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Der Autor Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1795 zurück. Der Erscheinungsort ist Stuttgart und Tübingen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet wird. Die Epoche ordnet sich nach der Literaturepoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde besonders darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Goethes Italienreise im Jahr 1786 markiert den Anfang der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Toleranz, Menschlichkeit und Übereinstimmung von Mensch und Natur, von Individuum und Gesellschaft sind die Ideale der Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik typisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das vorliegende Gedicht umfasst 93 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „Amytnas“, „An Annetten“ und „An Belinden“. Zum Autor des Gedichtes „Nähe des Geliebten“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1618 Gedichte vor.

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