Nächtliche Fahrt von Rainer Maria Rilke
Sankt Petersburg
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Damals, als wir mit den glatten Trabern |
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(schwarzen, aus dem Orloff’schen Gestüt) —, |
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während hinter hohen Kandelabern |
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Stadtnachtfronten lagen, angefrüht |
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stumm und keiner Stunde mehr gemäß —, |
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fuhren, nein: vergingen oder flogen |
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und um lastende Paläste bogen |
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in das Wehn der Newa-Quais, |
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hingerissen durch das wache Nachten, |
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das nicht Himmel und nicht Erde hat, — |
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als das Drängende von unbewachten |
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Gärten gärend aus dem Ljetnij-Ssad |
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aufstieg, während seine Steinfiguren |
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schwindend mit ohnmächtigen Konturen |
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hinter uns vergingen, wie wir fuhren —: |
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damals hörte diese Stadt |
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auf zu sein. Auf einmal gab sie zu, |
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daß sie niemals war, um nichts als Ruh |
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flehend; wie ein Irrer, dem das Wirrn |
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plötzlich sich entwirrt, das ihn verriet, |
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und der einen jahrelangen kranken |
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gar nicht zu verwandelnden Gedanken, |
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den er nie mehr denken muß: Granit — |
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aus dem leeren schwankenden Gehirn |
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fallen fühlt, bis man ihn nicht mehr sieht. |
Details zum Gedicht „Nächtliche Fahrt“
Rainer Maria Rilke
3
25
140
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Nächtliche Fahrt“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, einem bedeutenden deutschsprachigen Lyriker des frühen 20. Jahrhunderts. Dieser lebte von 1875 bis 1926, weshalb das Gedicht etwa in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstanden sein dürfte.
Der erste Eindruck des Gedichts kann als dunkel und fast schon ein wenig melancholisch beschrieben werden. Der Titel „Nächtliche Fahrt“ führt den Leser in die Nacht und die Dunkelheit, was oft als Metapher für Unsicherheit, Angst oder Melancholie verwendet wird.
Im Hinblick auf den Inhalt des Gedichts, beschreibt das lyrische Ich eine nächtliche Fahrt in der Stadt, die durch den Gebrauch von intensiven und bildhaften Beschreibungen zum Leben erweckt wird. Es scheint eine Atmosphäre von Mystik und Ehrfurcht zu herrschen, wahrscheinlich verstärkt durch die Dunkelheit der Nacht. Das lyrische Ich beschreibt die Stadt als eine Art Illusion, die in der Nacht aufhört zu existieren und gibt an, dass sie nie wirklich existiert hat, was vermutlich eine Metapher für die Klarsicht ist, die die Nacht bietet.
In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in freien Versen verfasst. Rilke nutzt sorgfältig ausgewählte Worte, um starke und lebendige Bilder zu erzeugen und eine emotional geladene Atmosphäre zu erzeugen. Er versinnbildlicht die Stadt und die Nacht und verleiht der Darstellung der Szene einen fast surreal anmutenden Charakter, was sicherlich zur emotional geplagten und zugleich faszinierten Reaktion des lyrischen Ichs auf seine Umgebung beiträgt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Nächtliche Fahrt“ ein gedankenvolles und introspektives Gedicht ist, das eine faszinierende Verwendung von Bildern und Metaphern zur Darstellung einer alltäglichen Szene in der Stadt verwendet, aber gleichzeitig die stille und fast unheimliche Atmosphäre der Nacht hervorhebt. Es lädt die Leser ein, ihre eigenen Interpretationen und Gedanken in Bezug auf die dargestellten Szenen und Emotionen zu entwickeln.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Nächtliche Fahrt“ ist Rainer Maria Rilke. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Im Jahr 1918 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 140 Worte. Die Gedichte „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Nächtliche Fahrt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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