Nox portentis gravida von Hugo von Hofmannsthal
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In hohen Bäumen ist ein Nebelspiel, |
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Und drei der schönen Sterne funkeln nah: |
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Die Hyazinthen an der dunkeln Erde |
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Erinnern sich, daß hier geschehen werde, |
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Was früher schon und öfter wohl geschah: |
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Daß Hermes und die beiden Dioskuren, |
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Funkelnd vor Übermut, die luftigen Spuren |
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Der windgetragenen Grazien umstellen |
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Und spielend, mit der Grausamkeit der Jagd, |
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Sie aus den Wipfeln scheuchen, ja die Wellen |
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Des Flusses nahe treiben, bis es tagt. |
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Der Dichter hat woanders seinen Weg, |
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Und mit den Augen der Meduse schauend |
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Sieht er das umgelegene fahle Feld |
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Sogleich entrückt und weiß nicht, wie es ist, |
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Und fügt es andern solchen Orten zu, |
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Wo seine Seele wie ein Kind verstellt, |
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Ein Dasein hat von keiner sichern Frist |
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In Adlersluft und abgestorbner Ruh. |
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Dort streut er ihr die Schatten und die Scheine |
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Der Erdendinge hin und Edelsteine. |
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Den dritten Teil des Himmels aber nimmt |
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Die Wolke ein von solcher Todesschwärze, |
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Wie sie die Seele dessen anfällt, der |
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Durch Nacht den Weg sich sucht mit einer Kerze: |
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Die Wolke, die hinzog am nächsten Morgen, |
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Mit Donnerschlag von tausenden Gewittern |
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Und blauem Lichte stark wie nahe Sonnen |
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Und schauerlichem Sturz von heißen Steinen, |
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Die Insel heimzusuchen, wo das Zittern |
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Aufblühen ließ die wundervollsten Wonnen; |
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Vor ungeheurer Angst erstorbenes Weinen |
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Der Kaufpreis war: daß in verstörten Gärten, |
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Die nie sich sahen, sich fürs Leben fanden |
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Und trunken sterbend, Rettung nicht begehrten; |
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Daß Gott entsprang den Luft- und Erdenbanden, |
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Verwaiste Kinder gleich Propheten glühten |
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Und alle Seelen wie die Sterne blühten. |
Details zum Gedicht „Nox portentis gravida“
Hugo von Hofmannsthal
3
38
247
1896
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Nox portentis gravida“ wurde von Hugo von Hofmannsthal geschrieben, einem österreichischen Schriftsteller, der vom 1. Februar 1874 bis zum 15. Juli 1929 lebte. Dies situates das Gedicht in einer Zeitperiode, die für ihre literarische und kulturelle Vitalität bekannt ist, die zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Beginn des 20. Jahrhunderts liegt.
Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen überwältigenden Gesamteindruck voller bleibender und kraftvoller Bilder. Es ist in drei Strophen unterteilt, mit 11, 10 und 17 Versen jeweils.
Im Inhalt des Gedichts finden wir eine tiefe und vielschichtige Verwebung von Themen, Metaphern und Bildern. Die erste Strophe beschreibt eine nächtliche Szenerie, wo die Naturmächte Hermes und die Dioskuren in einer Art kosmischem Spiel erscheinen. Die Hyazinthen, Symbole des Frühlings und der Erneuerung, „erinnern sich“, dass sie Zeuge dieses Spiels waren.
Die zweite Strophe bringt uns in die Gedankenwelt des Dichters, der mit den „Augen der Meduse“ die Welt betrachtet. Hierbei könnte die „Meduse“ ein Symbol für die entsetzende und doch faszinierende Macht der Poesie sein, die Realität zu verwandeln und zu entrücken.
In der dritten Strophe wird eine dramatische und apokalyptische Szene beschrieben, in der der dritte Teil des Himmels von dunklen Wolken bedeckt ist. Aus dieser bedrohlichen Dunkelheit heraus entsteht jedoch etwas Wunderschönes - „die wundervollsten Wonnen“. Das lyrische Ich scheint hier zu suggerieren, dass selbst in der dunkelsten Nacht und im Angesicht des Todes etwas Licht und Hoffnung gefunden werden kann.
Form und Sprache des Gedichts sind hochkomplex und zeugen von Hofmannsthals meisterlicher Beherrschung des lyrischen Ausdrucks. Die verwendeten Metaphern sind stark und aussagekräftig, während die Sprache reich an bildhaften und emotional aufgeladenen Bildern ist. Der Versbau und das Metrum sind fließend und rhythmisch, was dazu beiträgt, die emotionale Intensität des Gedichts zu verstärken. Insgesamt lässt sich sagen, dass „Nox portentis gravida“ ein tiefgründiges und eindringliches Werk ist, das die unermessliche Kraft und das Potential der Poesie verdeutlicht.
Weitere Informationen
Hugo von Hofmannsthal ist der Autor des Gedichtes „Nox portentis gravida“. Der Autor Hugo von Hofmannsthal wurde 1874 in Wien geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1896 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 38 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 247 Worte. Die Gedichte „Die beiden“, „Ein Knabe“ und „Ein Traum von großer Magie“ sind weitere Werke des Autors Hugo von Hofmannsthal. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Nox portentis gravida“ weitere 40 Gedichte vor.
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Zum Autor Hugo von Hofmannsthal sind auf abi-pur.de 40 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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