Noch Eines von Rainer Maria Rilke

Auch dem blonden Kinde kam es
in sein Herz, sein waldseereines,
wie das dunkle Ahnen eines
großen Glückes oder Grames.
 
Und die Mutter ließ das Rädchen
stocken. – »Kind, was macht dich leiden?«
Stürmisch schluchzend schwieg das Mädchen:
doch verstanden sich die beiden.
 
Kurz darauf: Am Pförtchen pochte
10 
junger Herr. – »Wollt ihr euch?« – Pause. –
11 
Ob! – Wer da noch fragen mochte!? –
12 
So geschahs im alten Hause.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Noch Eines“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
64
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das zu interpretierende Gedicht „Noch Eines“ stammt von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne, der in der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schrieb.

Nach dem ersten Lesen fällt die emotionale Dichte des Gedichts auf, das Mysterium eines unausgesprochenen Ereignisses, das eine tiefe Emotionalität sowohl in dem blonden Mädchen als auch in seiner Mutter hervorruft. Der Titel „Noch Eines“ lässt auf eine Art Fortsetzung oder Ergänzung einer vorherigen Gedichtreihe schließen.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht eine Begebenheit in einem alten Haus, in dem sich das blonde Mädchen und die Mutter befinden. Das Mädchen hat eine vage Vorahnung („dunkles Ahnen“) von etwas Großem - ob Freude oder Leid - das auf sie zukommen könnte. Als die Mutter bemerkt, dass das Kind emotional aufgewühlt ist, hält sie inne und erkennt intuitiv, was in ihr vorgeht. In der dritten Strophe erscheint ein „junger Herr“, der offenbar eine bedeutende Rolle in dem kommenden Ereignis spielt. Es wird jedoch nicht ausdrücklich gesagt, was zwischen den drei Charakteren geschieht, nur dass sie sich im „alten Haus“ aufhalten.

Das lyrische Ich ist in diesem Gedicht weniger ein aktiver Teilnehmer, sondern eher ein Beobachter der Szene. Es scheint darum bemüht, die Aura des Unerzählten und Unaussprechlichen einzufangen. Es ist die Präsenz des Unsichtbaren und Unaussprechlichen, die eine tiefe emotionale Wirkung erzeugt.

Das Gedicht ist in drei Vierzeilern geschrieben und folgt keinem erkennbaren Reimschema, was typisch ist für die Werke Rilkes. Die Sprache ist klar und schlicht, und die Atmosphäre wird mehr durch die erzeugten Bilder und die Stimmung aufgeladen als durch ausgefeilte sprachliche Techniken. Die Verwendung von Worten wie „waldseereines“, „spielendes Rädchen“ oder „Pförtchen“ verleiht dem Gedicht jedoch eine malerische und intime Atmosphäre.

Abschließend lässt sich sagen, dass Rilkes Gedicht „Noch Eines“ ein intensives Stimmungsbild erzeugt, das die Leser*innen über die Wortgrenzen hinaus in ein tieferes Verstehen und Fühlen führt. Die unsichtbaren und unausgesprochenen Elemente nehmen eine wichtige Rolle ein, sie lassen Raum für Interpretationen und regen zum Nachdenken an.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Noch Eines“. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. Erscheinungsort des Textes ist Frankfurt am Main. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 64 Worte. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Noch Eines“ weitere 338 Gedichte vor.

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