Nichts geschieht von Joachim Ringelnatz

1	Wenn wir sterben müssen,
2	Unsere Seele sich den Behörden entzieht,
3	Werden sich Liebende küssen;
4	Weil das Lebende trumpft.
5	Aber wenn nichts geschieht,
6	Bleibt das Leben nicht einmal stehn, sondern schrumpft.
7	Was heute mir ins Ohr klingt,
8	Ist nur, was Klage vorbringt.
9	Und was ich mit Augen seh
10	An schweigender Not, das tut weh.
11	Aller Frohsinn in uns ist verreist.
12	Und nichts geschieht. — Und der Zeiger kreist.

Details zum Gedicht „Nichts geschieht“

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht ist von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Ringelnatz gehört zur literarischen Epoche der Moderne. Man könnte dieses Gedicht in den Kontext der Zwischenkriegszeit mit ihren gesellschaftlichen Umwälzungen und ihrer von Krisen und Unsicherheit geprägten Stimmung einordnen.

Beim ersten Lesen vermittelt das Gedicht eine schwere und melancholische Stimmung. Es scheint sich um eine Reflexion zur Vergänglichkeit und Leere des Lebens zu handeln, in der das lyrische Ich seine Wahrnehmung von Welt und Dasein darlegt.

Grundsätzlich spricht das lyrische Ich von der Vergänglichkeit des Lebens und möglicherweise über die Sinnlosigkeit unserer Existenz. Es suggeriert, dass trotz des Todes, die Dinge des Lebens weitergehen („Werden sich Liebende küssen; Weil das Lebende trumpft“). Aber auch in Situationen, in denen nichts passiert („Aber wenn nichts geschieht“), schrumpft das Leben weiter, es bleibt nicht stehen, sondern ist eher proteisch, ständig in Bewegung oder Veränderung. Die dritte Strophe enthüllt die Innensicht des lyrischen Ichs, das durch Klage, stille Not und den Mangel an Freude gekennzeichnet ist, was seine Melancholie und Traurigkeit verdeutlicht.

Das Gedicht hält formell an keinem strengen Reimschema fest und wechselt zwischen vier-, zwei- und fünfzeiligen Strophen. Diese formelle Unregelmäßigkeit spiegelt vielleicht die Unberechenbarkeit und Unbeständigkeit des Lebens, die inhaltlich thematisiert wird. Die Sprache des Gedichts ist klar und relativ schlicht, aber eindringlich. Sie drückt eine direkte, düstere Vision der Welt aus ohne das Bedürfnis nach Metaphern oder Verzierungen.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass „Nichts geschieht“ von Ringelnatz die Einsamkeit und Entfremdung thematisiert und das lyrische Ich seine Unzufriedenheit und Resignation aufgrund der Unveränderlichkeit der Welt und der Sinnlosigkeit des Lebens zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Nichts geschieht“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1932 zurück. In Berlin ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 66 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Nichts geschieht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

Das Video mit dem Titel „Joachim Ringelnatz: NICHTS GESCHIEHT (Gedicht)“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

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