Neue Waffe von Louise Otto-Peters
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Ob eine Welt sich wider mich verschworen, |
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Ob kampfgerüstet meine Feinde stehn, |
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Ob jeder Tag ein neues Leid geboren, |
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Und keine Hülfe ringsum noch zu sehn: |
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Ob mich bedrohen, tückische Dämonen, |
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Dienstbare Geister einer finstern Macht, |
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Die tagesscheu nur mag im Dunkel thronen |
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Im Reich des Bösen und der düstern Nacht – |
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Ich zittre nicht ich bin getrost und heiter, |
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Und furchtlos wandle ich die stille Bahn |
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Zu meinem Ziel mit sichrem Schritte weiter, |
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Mitleid nur fühl ich bei der Feinde Wahn. |
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Die alte Fahne wußt ich festzuhalten, |
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Sie ist noch nicht verschossen und zerschlitzt! |
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Ich darf sie rein, ich darf sie stolz entfalten, |
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Daß hell und glänzend ihre Farbe blitzt. |
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Doch Schwert und Helm, die kriegerischen Zeichen, |
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Ich hing sie auf am heiligsten Altar, |
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Und werde darum nicht vom Kampfplatz weichen, |
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Bin ich der Waffen auch, des Schutzes bar. |
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Das Schwert vertauscht, ich mit dem Saitenspiele, |
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Den Helm mit einem immergrünen Kranz, |
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Doch immer wandle ich zum selben Ziele, |
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Ob jetzt auch wehrlos, ohne Waffenglanz. |
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Ich hab ein holdes Zauberwort vernommen |
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Und unverwundbar hat es mich gemacht, |
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Vom Himmel ist’s, ein Sonnenstrahl, gekommen |
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Und hat die Lieb’ im Herzen angefacht. |
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Und wenn ich sonst im Haß nur Mut gefunden, |
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Im kalten Trotz hielt in der Hand das Schwert: |
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Jetzt hat die Lieb’ der Freiheit mich verbunden, |
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Jetzt kämpfe ich von ihrer Macht verklärt. |
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Sie ist mein Schild, mit dem ich siegen werde, |
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Der Feind erlahmt, wenn er es nur erschaut – |
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Was braucht es Waffen noch von dieser Erde, |
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Wenn solche Wehr der Himmel mir vertraut? |
Details zum Gedicht „Neue Waffe“
Louise Otto-Peters
9
36
256
1860-1870
Realismus
Gedicht-Analyse
Das hier betrachtete Gedicht „Neue Waffe“ stammt von der Autorin Louise Otto-Peters. Als Vertreterin der deutschen Arbeiterinnenbewegung und Mitbegründerin des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins im 19. Jahrhundert lässt sich das Werk in diese Epoche einordnen. Das zeitliche Umfeld, in dem Otto-Peters aktiv war, spiegelt auch das zentrale Thema dieses Gedichtes wider, nämlich den Kampf für Gleichberechtigung und Freiheit.
Das lyrische Ich findet sich in einer feindlichen Umgebung wieder, umgeben von schadensfreudigen Dämonen und Feinden (Vers 1-8). Dennoch trotzt das lyrische Ich dieser Bedrohung und zeigt sich unerschütterlich und optimistisch (Vers 9-12). Es betont, dass es immer noch an seinen Prinzipien festhält, symbolisiert durch die „alte Fahne“ (Vers 13-16) und unerschütterlich seinen Weg geht, auch ohne traditionelle Waffen und Schutz (Vers 17-20).
Die Metaphern der Waffen und des Krieges nehmen hier eine zentrale Rolle ein. Sie verdeutlichen den dem Gedicht zugrunde liegenden Kampf für eine gerechtere Welt. Auffällig ist, dass das lyrische Ich seine alten „Waffen“, also Schwert und Helm, aufgibt und durch ein Saitenspiel und einen grünen Kranz ersetzt (Vers 21-22). Dies deutet auf eine Art Wandel hin – weg von der gewaltsamen, hin zu einer friedlichen Auseinandersetzung.
Diese friedliche Haltung mündet in dem „holden Zauberwort“, die Liebe (Vers 25-28). Diese Liebe zur Freiheit verleiht dem lyrischen Ich Unverwundbarkeit und Stärke. Die letzte Strophe betont, dass diese Liebe der „neuen Waffe“, der der Feind erblassen wird (Vers 33-36).
Das Gedicht ist in neun vierzeiligen Strophen mit einem konsequenten Reimschema (abcb) verfasst. Die Sprache ist dabei eher altmodisch, was zu der zeitlichen Einordnung des Gedichts passt. Besonders hervorzuheben sind die starken Metaphern und Symbole, die den Kampf für Gleichberechtigung und Freiheit eindrucksvoll unterstreichen.
Alles in allem kann „Neue Waffe“ von Louise Otto-Peters als ein starkes Plädoyer für eine friedliche, auf Liebe basierende Revolution verstanden werden. Besonders interessant ist der progressive Ansatz des Gedichts, der alte, gewalttätige Methoden des Widerstands durch friedliche und liebevolle ersetzt. Dabei strahlt das Gedicht Zuversicht und Entschlossenheit aus, was es zu einem starken und hoffnungsvollen Appell macht.
Weitere Informationen
Louise Otto-Peters ist die Autorin des Gedichtes „Neue Waffe“. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1870. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 256 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „An August Peters“, „An Byron“ und „An Georg Herwegh“ sind weitere Werke der Autorin Louise Otto-Peters. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Neue Waffe“ weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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