Neue Liebe, Neues Leben von Johann Wolfgang von Goethe

Herz, mein Herz, was soll das geben,
Was bedränget dich so sehr?
Welch ein fremdes neues Leben!
Ich erkenne dich nicht mehr.
Weg ist alles, was du liebtest,
Weg, warum du dich betrübtest,
Weg dein Fleis und deine Ruh;
Ach! wie kamst du mir dazu?
 
Feßelt dich die Jugendblüthe?
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Diese liebliche Gestalt,
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Dieser Blick voll Treu und Güte,
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Mit unendlicher Gewalt?
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Will ich rasch mich ihr entziehen,
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Mich ermannen, ihr entfliehen;
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Führet mich im Augenblick
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Ach! mein Weg zu ihr zurück.
 
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Und an diesem Zauberfädchen,
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Das sich nicht zerreißen läßt,
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Hält das liebe lose Mädchen
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Mich so wider Willen fest;
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Muß in ihrem Zauberkreise
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Leben nun auf ihre Weise.
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Die Verwandlung, ach! wie groß!
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Liebe! Liebe laß mich los!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Neue Liebe, Neues Leben“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1775
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Neue Liebe, Neues Leben“ stammt von Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten Dichter der deutschen Literatur. Er wurde 1749 geboren und starb 1832. Dieses Gedicht gehört zur Epoche des Sturm und Drang, welches sich grob auf die Zeit von 1767 bis 1785 datieren lässt. Damit fällt das Gedicht in die Frühphase von Goethes literarischem Schaffen und ist geprägt von der programmatischen Emotionalität und Subjektivität, die für den Sturm und Drang typisch ist.

Der erste Eindruck des Gedichts ist lebhaft und leidenschaftlich, mit einem starken Fokus auf den emotionalen Zustand des lyrischen Ichs.

In einfachen Worten erzählt das Gedicht von einer Person, die sich in eine neue Liebe verliebt und dabei eine lebensverändernde Transformation erfährt. Die plötzliche und starke Zuneigung bringt das Herz des lyrischen Ichs durcheinander. Alles, was vorher wichtig war - die alten Lieben, die Ängste und Träume, die Arbeit und die Ruhe - scheint verschwunden zu sein. Trotz des inneren Kampfes und dem Wunsch, sich der übermächtigen Anziehungskraft zu entziehen, wird das lyrische Ich unwiderstehlich zurückgezogen. Dieses hin- und hergerissen sein wird symbolisch durch das Bild des nicht zerreißenden Zauberfädchens repräsentiert. Das lyrische Ich erkennt an, dass es nun gezwungen ist, in diesem neuen magischen Kreis der Geliebten zu leben und ihre Art zu leben anzunehmen.

Die Form des Gedichts ist streng und ausgewogen, bestehend aus drei Strophen zu je acht Versen. Diese Regularität könnte eine innere Ordnung und Stabilität suggerieren, die im Kontrast zur chaotischen Emotion des Inhalts steht.

In Bezug auf Sprache und Stil ist das Gedicht gekennzeichnet durch bildhafte Sprache und emotional geladenen Ausdruck. Es ist auch voller Fragen und Ausrufe, was die innere Unruhe und das Überwältigtsein des lyrischen Ichs unterstreicht. Gleichzeitig ist die Sprache formell und elegant, was typisch für Goethe und die Literatur der Zeit ist. Insbesondere die Verwendung des altertümlichen „läßt“ bezeugt den historischen Kontext des Gedichts.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Neue Liebe, Neues Leben“ ein eindringliches Porträt der turbulenten Emotionen der neuen Liebe und ihrer tiefgreifenden Wirkung auf das Selbstbild und das Leben des lyrischen Ichs ist. Dabei greift es typische Themen und Stilelemente der Epoche des Sturm und Drang auf.

Weitere Informationen

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichtes „Neue Liebe, Neues Leben“. Geboren wurde Goethe im Jahr 1749 in Frankfurt am Main. Das Gedicht ist im Jahr 1775 entstanden. Der Erscheinungsort ist Düsseldorf. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Schriftstellern handelte es sich meist um Autoren jüngeren Alters. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Bedeutende Vertreter dieser Literaturepoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod 1832 ihr Ende nahm. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Die Autoren der Weimarer Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. In der Weimarer Klassik wird eine sehr geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 119 Worte. Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Selbstherscher“, „An die Entfernte“ und „An die Günstigen“. Zum Autor des Gedichtes „Neue Liebe, Neues Leben“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

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