Neidisches über einen Klo-Mann von Joachim Ringelnatz

Anfangs hat er kläglich gestöhnt,
Denn er war zuvor in der Küche
Kartoffelschäler, und andre Gerüche
Von daher gewöhnt.
 
Er ist ebenso dumm wie faul.
Er öffnet die Türen zu den Aborten
Und nach kurzen, blödsinnigen Worten
Über das Wetter, hält er das Maul.
 
Nie ist er freundlich. Dennoch verehren
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Ihn manche sehr;
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Besonders die, die ihm hinterher
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Handtücher stehlen und Nagelscheren.
 
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Ich weiß nicht, warum ich mich vor ihm geniere.
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Er läßt mir niemals zum Waschen Zeit,
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Und durch seinen Geiz in bezug auf Papiere
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Geriet ich schon oft in Verlegenheit.
 
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Im Grunde ärgert’s ihn, wenn man seine
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Geräte benutzt.
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Obwohl er niemals, auch nicht mal zum Scheine,
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Daran etwas putzt.
 
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„Gedenket des Alten
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Denn er muß alles reine halten!“
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Schreibt er mit Seife, Frechheit und Ruhe
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Jeden Morgen groß an den Spiegel.
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Und dabei hat dieser Schweinigel
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So ein vornehm nervöses Getue,
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Das jeden zwingt, ihm viel Trinkgeld zu geben,
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Und er zählt immer gleich nach, wieviel. – –
 
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Ja, so ein bequemes, geldbringendes Leben
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Zu führen, das wäre wohl jedermanns Ziel.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Neidisches über einen Klo-Mann“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
173
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aktiv war. Bekannt durch seine humoristische und oft sarkastische Dichtkunst, erzählt Ringelnatz in diesem Gedicht von einem Klo-Mann und stellt dessen einfache, jedoch lukrative Beschäftigung dar.

Das Gedicht erweckt beim ersten Lesen einen humorvollen und ironischen Eindruck. Ringelnatz nutzt seinen einzigartigen Stil, um eine alltägliche, oft ignorierte Figur in das Rampenlicht zu rücken und lässt den Leser schmunzeln über die offen ausgedrückten Neid und Verachtung des lyrischen Ichs.

Zu Beginn wird erzählt, dass der Klo-Mann früher in der Küche gearbeitet hat und sich nun an die neuen Gerüche gewöhnen muss. Er wird als unfreundlich und dumm beschrieben, der über nichts als das Wetter spricht. Dennoch wird er von einigen respektiert und verehrt, vor allem von denen, die ihm nach der Benutzung der Toilette Handtücher und Nagelscheren stehlen. Das lyrische Ich zeigt Unverständnis für seine eigene Verlegenheit gegenüber dem Klo-Mann, kritisiert dessen „Geiz an Papieren“ und äußert seinen Ärger über die mangelnde Sauberkeit der Geräte. Und trotzdem bewundert er scheinbar den Klo-Mann für sein scheinbar bequemes, geldbringendes Leben.

Was die Form des Gedichtes betrifft, folgt es keinem starren Reimschema und Metrum. Es hat jedoch eine einheitliche Struktur, wobei jede Strophe aus vier Versen besteht, bis auf die letzte Strophe, die nur aus zwei Versen besteht und eine Art Schlussfolgerung bietet.

Im Hinblick auf die Sprache fällt die direkte, umgangssprachliche und freimütige Art auf, mit der Ringelnatz seine Gedanken und Gefühle artikuliert. Es sind auch Spuren von Sarkasmus und Ironie vorhanden, die den humorvollen Ton des Gedichts unterstreichen.

Fazit: Ringelnatz porträtiert eine alltägliche Situation und Figur in einer spannenden, humorvollen Weise und ermöglicht dem Leser, eine neue Perspektive auf die kleinen, oft übersehenen Aspekte des Lebens zu gewinnen. Durch die Darstellung des scheinbar bequemen, geldbringenden Lebens eines Klo-Mannes fordert das Gedicht den Leser auf, die Vor- und Nachteile verschiedener Lebensweisen zu reflektieren und das Konzept von Erfolg und Wohlstand zu hinterfragen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Neidisches über einen Klo-Mann“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1929 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 173 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Neidisches über einen Klo-Mann“ weitere 560 Gedichte vor.

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