Nebel von Louise Otto-Peters

Es lagert rings umher ein grauer Flor –
Ich weiß es nicht: bricht noch die Sonn’ hervor?
Wird dieser Nebel heut sie ganz verhüllen?
Und ob er steigt, und ob er niederfällt?
So frag’ ich wohl – doch schweigend ruht die Welt
Und Flur und Thal mit Dunst sich füllen.
 
Es dampft der Wald, ein rauchender Altar,
Einsam darüber kreist ein scheuer Aar,
Er möchte gern empor zur Sonne steigen –
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Doch nur ein matter Punkt im Aethermeer
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Erscheint sie heut, sonst alles grau umher –
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Unheimlich bang ist dieses Schweigen!
 
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Ein Bild der Zeit! Ein Nebel schließt uns ein –
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Kein Wetter tobt, es glänzt kein Sonnenschein –
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Die Welt gehüllt in eine weite Wolke!
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Kein Adlerblick erspäht der Sonne Glanz –
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Der Freiheit Sonne – sie verhüllt sich ganz –
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Ein dumpfes Schweigen rings im Volke.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Nebel“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
129
Entstehungsjahr
1850-1860
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Nebel“ wurde von Louise Otto-Peters, einer Schriftstellerin aus dem 19. Jahrhundert, die in Deutschland lebte und aktiv für Frauenrechte kämpfte, verfasst. Also können wir dieses Gedicht der Epoche des Realismus zuordnen.

Auf den ersten Blick fällt die Verwendung der Natur- bzw. Wetterphänomene auf, die offenkundig metaphorisch bewertet werden. Hierbei wird insgesamt eine eher düstere, gedämpfte Stimmung erzeugt, die durch das Leitmotiv des Nebels konstant durch das gesamte Gedicht hindurch aufrechterhalten wird.

Das Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, jede besteht aus sechs Versen. Die erste Strophe beschäftigt sich in erster Linie mit der Beschreibung einer Landschaft, die von einem grauen Nebel überlagert ist. Das lyrische Ich reflektiert über den Zustand des Nebels, seine Fragilität und die damit einhergehende Veränderung der Landschaft. In der zweiten Strophe wird diese Szenerie weiter vertieft, indem der Wald als dampfender, rauchender Altar bezeichnet wird und ein Aar, der gern zur Sonne emporsteigen möchte, jedoch von der Nebeldecke gehindert wird. Diese hemmende Wirkung des Nebels wird in der dritten Strophe auf die gesellschaftliche Situation übertragen. Das lyrische Ich spricht davon, dass die Welt in einer weiten Wolke gehüllt ist und kein Blick der Freiheitssonne erspäht werden kann.

Die Struktur des Gedichts ist durchgehend gleich: Jede Strophe hat sechs Verse. Die Sprache ist gepflegt und weist einen hohen Bildungsgrad der Autorin auf. Es kommen zahlreiche Metaphern und Vergleiche vor.

Formal gesehen handelt es sich um einen klassischen Strophenaufbau, bei dem sich die erste und die zweite, sowie die dritte und vierte Zeile jeder Strophe reimen (Kreuzreim). Der dritte und der sechste Vers der Strophen bilden Paarreime. Diese strenge formale Ordnung kontrastiert stark zur Unklarheit und Unbestimmtheit, die durch die Nebelmetapher ausgedrückt wird.

Die Sprache des Gedichts ist sehr bildhaft und metaphorisch. Die Nebelmetapher steht für Unklarheit, Unsicherheit und mangelnde Freiheit. Louise Otto-Peters hat sicherlich auch ihre Erfahrungen als Frauenrechtlerin in dieses Gedicht einfließen lassen und somit eine versteckte Kritik an der gesellschaftlichen Situation ihrer Zeit formuliert. Indem sie die Natur als Spiegel der Gesellschaft nutzt und deren Zustände auf selbige projiziert, schafft sie es über das Medium der Poesie ihre Ansichten und Gefühle auszudrücken, die durch die Zensur der Zeit unbeachtet bleiben konnten.

Weitere Informationen

Louise Otto-Peters ist die Autorin des Gedichtes „Nebel“. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1860 entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 129 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Louise Otto-Peters sind „An Byron“, „An Georg Herwegh“ und „An Ludwig Börne“. Zur Autorin des Gedichtes „Nebel“ haben wir auf abi-pur.de weitere 106 Gedichte veröffentlicht.

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