Natur und Liebe von Otto Ernst

Fordre nicht, daß ich mit Worten sage
Was mich quält und peinigt jeden Tag!
Müde bin ich, daß ich keine Worte
Auch von deinen Lippen hören mag.
 
Menschen haben mir so viel mit Weisheit
Und mit leerem Troste zugesetzt,
Daß vor ihrer wortbehenden Liebe
Wahrlich sich mein scheues Ohr entsetzt.
 
Laß du mich in deine weichen Hände
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Stumm vergraben Stirn und Wangen nur;
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Dann empfind’ ich schauernd deine Liebe
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Wie den leisen Odem der Natur.
 
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Und zu dir zieht mich dieselbe Lockung
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Ewigen Friedens, der ich oft gelauscht,
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Die aus Quellen flüstert und aus Blumen
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Und von hohen, heil’gen Bäumen rauscht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Natur und Liebe“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Natur und Liebe“ wurde von Otto Ernst verfasst, der von 1862 bis 1926 lebte. Dies legt nahe, dass das Gedicht während der Epoche des Realismus oder eventuell auch des Naturalismus geschrieben wurde. Auf den ersten Blick geht es hier um eine klare Ablehnung von verschönigender oder überflüssiger Sprache und um die Wertschätzung von Ruhe, Stille und sinnlichen Erfahrungen.

Das Gedicht beschreibt die innere Qual und die Ablehnung des lyrischen Ichs gegenüber dem gesprochenen Wort. Es gibt an, von den menschlichen Worten gequält und von ihrer Falschheit entsetzt zu sein. Stattdessen bevorzugt das lyrische Ich eine stille, sensitive Kommunikation. Es vergräbt sich in den weichen Händen des Gegenübers und genießt die Wärme und den stillen Odem der Natur, die sich durch die Liebe des Anderen manifestiert. Das Gefühl der Anziehung zur Liebsten und zur Natur wird als Quelle ursprünglichen und tiefen Friedens dargestellt.

Das Gedicht ist in vier Strophen untergliedert, jede davon besteht aus vier Versen. Sie alle sind in reimfreier Form geschrieben, was dem Leser ermöglicht, sich auf den Inhalt und die Botschaft zu konzentrieren, statt das Reimschema zu verfolgen. Die Sprache des Gedichts ist einfach und ohne schwierige Metaphern, wodurch der Text leicht verständlich ist. Es gibt jedoch auch Aspekte der Alliteration („Wortbehende Weisheit“) und des Anapher („Fordre nicht... Müde bin ich...“), die einen angenehmen Rhythmus erzeugen und gleichzeitig das Thema der Überflutung und Abneigung gegen Worte verdeutlichen. Der Vergleich der Liebe mit der Natur („dieselbe Lockung“), der die Schönheit, Einfachheit und Reinheit beider betont, kann zudem als Metapher verstanden werden.

Letztendlich lehnt das lyrische Ich die verbale Kommunikation ab und bevorzugt die nonverbale Kommunikation, die als natürlicher und ehrlicher empfunden wird. Es führt die Betrachter dazu, die Bedeutung von Stille und sanfter Berührung in einer durch Worte übersättigten Welt zu schätzen. Es ist auch eine Einladung, die Liebe und die Natur als Fluchtorte vor der Lautstärke und Rhetorik der Gesellschaft zu sehen.

Weitere Informationen

Otto Ernst ist der Autor des Gedichtes „Natur und Liebe“. Der Autor Otto Ernst wurde 1862 in Ottensen bei Hamburg geboren. Im Jahr 1907 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 102 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Otto Ernst sind „Auf dem Morgengange“, „Auflösung“ und „Aus einer Nacht“. Zum Autor des Gedichtes „Natur und Liebe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.

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