Natur von Joachim Ringelnatz
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Wenn immer sie mich fragen, |
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Ob ich ein Freund sei der Natur, |
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Was soll ich ihnen nur |
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Dann sagen? |
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Ich kann eine Bohrmaschine, |
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Einen Hosenträger oder ein Kind |
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So lieben wie eine Biene |
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Oder wie Blumen oder Wind. |
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Ein Sofa ist entstanden, |
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So wie ein Flußbett entstand. |
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Wo immer Schiffe landen, |
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Finden sie immer nur Land. |
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Es mag ein holder Schauer |
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Nach einem Erlebnis in mir sein. |
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Ich streichle eine Mauer |
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Des Postamts. Glatte Mauer aus Stein. |
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Und keiner von den Steinen |
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Nickt mir zurück. |
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Und manche Leute weinen |
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Vor Glück. |
Details zum Gedicht „Natur“
Joachim Ringelnatz
6
20
91
1929
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorgelegte Gedicht stammt vom deutschen Autor Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Der Schreibstil und die Themenwahl legen nahe, dass das Gedicht wahrscheinlich während der späten Phase der Weimarer Republik oder während der Anfänge des Nationalsozialismus geschrieben wurde.
Bei erstem Eindruck scheint das Gedicht eine kritische Auseinandersetzung mit den durch die Moderne entstandenen Veränderungen des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur zu sein.
Inhaltlich beginnt das lyrische Ich mit der Thematisierung einer Frage, die ihm häufig gestellt wird: Ob es ein Freund der Natur sei. Das lyrische Ich zeigt dabei eine Art Gleichgültigkeit, da es verschiedenste Dinge auf der Welt – sowohl künstliche als auch natürliche – gleichermaßen „lieben“ kann. Ebenso spielt das lyrische Ich auf das Absurde der Unterscheidung an, wenn es betont, dass alle Objekte – egal ob natürlich oder vom Menschen geschaffen – ihren Ursprung in natürlichen Prozessen haben. In den letzten beiden Strophen werden emotionale Reaktionen des lyrischen Ichs auf scheinbar unbedeutende Dinge wie das Streicheln einer Steinmauer eines Postamts und das Fehlen einer menschlichen Reaktion auf diese Handlung thematisiert.
Formal folgt das Gedicht einer strikten Struktur mit vier Versen pro Strophe, abgesehen von den letzten beiden Strophen, die jeweils aus zwei Versen bestehen. Die Sprache ist einfach und direkt, ohne viel poetische Verzierung. Dadurch wird eine nüchterne und ernüchternde Atmosphäre erzeugt, die die widersprüchliche Haltung des lyrischen Ichs zur Natur und zur modernen Welt betont.
Die Aussage des Gedichts lässt sich als Kritik und Reflexion auf das Verhältnis des Menschen zur Natur in einer zunehmend industrialisierten und mechanisierten Welt verstehen. Ringelnatz scheint einerseits auf die Entfremdung des Menschen von der Natur hinzuweisen, andererseits aber auch eine relativistische Haltung einzunehmen, die die Dichotomie von natürlich und künstlich in Frage stellt. Damit regt er den Leser dazu an, gängige Vorstellungen und Werte neu zu überdenken.
Weitere Informationen
Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Natur“. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1929. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 91 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „7. August 1929“, „Abendgebet einer erkälteten Negerin“ und „Abermals in Zwickau“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Natur“ weitere 560 Gedichte vor.
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- Abschiedsworte an Pellka
- Afrikanisches Duell
- Alone
Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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