Nach der Trennung. Lichterfelde von Joachim Ringelnatz

War so oft schon dieses Scheiden.
„Lebewohl!“ (Auf nur vier Wochen)
Schon gemeinsam schwer gesprochen, –
Schwerer jedem dann von beiden.
 
Jedes lächelte und lachte
Über das, was Üblich sprach.
Jedes wußte das und dachte
Hinterher ganz anders, lange nach.
 
Dies Berlin ist grausig tief und flach
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Und so breit. Es gibt dafür kein Dach.
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Schaurig schon, das Menschen dort verschwinden.
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Aber stelle arme Fraun dir vor, die dort
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Schamvoll irrend einen öffentlichen Abort
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Suchen und nicht finden.
 
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Lichterfelde. Blieb mein D-Zug stehn.
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Und ich sah im Schnellzug vis-à-vis
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Ein so blasses schönes Eisenbahnergesicht,
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Wie ich fremdfern nie
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Ein Gesicht so innig hab gesehn.
 
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Du, du meine Frau, wirst mich verstehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Nach der Trennung. Lichterfelde“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
110
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Nach der Trennung. Lichterfelde“ ist von dem deutschen Autor Joachim Ringelnatz, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Es wurde also wahrscheinlich während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfasst, einer Zeit großer kultureller Bewegungen und Veränderungen.

Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck eines sentimentalen, getragenen Texts. Das Gefühl des Autors über eine scheinbar vorübergehende Trennung schwingt in jeder Zeile mit.

Das Gedicht handelt von dem lyrischen Ich, das sich gerade von einer geliebten Person verabschiedet hat. Die Worte „Lebewohl“, die sie ausgetauscht haben, scheinen nur für einen begrenzten Zeitraum zu gelten („Auf nur vier Wochen“). Trotzdem ist die Trennung für beide schwer. Diese Tiefe wird durch den wiederholten Gebrauch des Wortes „schwer“ in den ersten und letzten Versen der ersten Strophe hervorgehoben.

In der dritten Strophe lenkt das lyrische Ich die Aufmerksamkeit auf die Stadt Berlin - seine Größe, seine Tiefe, seine Weite. Die Verse klingen fast verloren und geben den Eindruck, als sei das lyrische Ich überfordert. In der vierten Strophe befindet sich das lyrische Ich in Lichterfelde und drückt eine intime Nähe zu einem „blassen schönen Eisenbahnergesicht“ aus, das es im Zug gegenüber sieht.

Schließlich schreibt das lyrische Ich, dass seine Frau ihn verstehen wird. Das legt nahe, dass das lyrische Ich und seine Frau getrennt sind, was dem Titel des Gedichts entspricht.

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen unregelmäßiger Länge und wird in freien Versen geschrieben, was zur melancholischen Atmosphäre des Gedichts beiträgt. Ringelnatz verwendet einfache, umgangssprachliche Worte, die die Gefühle des lyrischen Ichs authentischer und greifbarer machen.

Alles in allem schildert „Nach der Trennung. Lichterfelde“ eine eindrucksvolle Darstellung der Emotionen, die mit einer vorübergehenden Trennung verbunden sind. Ringelnatz' einfache, aber wirkungsvolle Sprache und sein Einsatz von freien Versen tragen dazu bei, die Botschaft des lyrischen Ichs effektiv zu übermitteln.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Nach der Trennung. Lichterfelde“ des Autors Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1929 entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 110 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Nach der Trennung. Lichterfelde“ weitere 560 Gedichte vor.

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