Mœsta et errabunda von Charles Baudelaire

Sag mir: dein herz entflieht es nicht manchmal · Agathe ·
Wo ich vom meere der unreinen städte weit
Andere meere mit leuchtenden küsten errate
Die blau klar und tief sind wie die jungfräulichkeit?
Sag mir: dein herz entflieht es nicht manchmal · Agathe?
 
Spendet das meer · das umfassende meer · uns nicht trost?
Wie ist des meeres rauhem gesange entstiegen
Der zu der orgel der lärmenden winde tost
Jene erhabene kraft: in vergessen zu wiegen?
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Spendet das meer · das umfassende meer · uns nicht trost?
 
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Trage mich · segel · von dannen! entführe mich · wagen!
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Weit · weit! der staub ist von unseren thränen hier nass.
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Wirst du · Agathens betrübtes herz · manchmal sagen:
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Weit von verbrechen · weit von reue und hass
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Trage mich · segel · von dannen! entführe mich · wagen!
 
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Wie bist du ferne · o garten von düften bewohnt!
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Wo alles liebe und lust ist in klaren sonnen ·
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Alles geliebte auch unsere liebe belohnt ·
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Wo sich die herzen ertränken in heiligen wonnen ·
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Wie bist du ferne · o garten von düften bewohnt!
 
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Doch unsrer kindlichen liebe grünender garten
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Sänge und küsse und blumen und spiele am rain
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Geigen die zitternd hinter dem hügel warten
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Krüge von wein wenn der abend sich neigt in dem hain –
25 
Doch unsrer kindlichen liebe grünender garten ·
 
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Schuldloser garten erfüllt mit verstohlenem glück ·
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Ob er schon weit in den indischen meeren verschwimme?
28 
Ruft man ihn wieder mit klagenden lauten zurück ·
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Lebt er noch einmal beim klang einer silbernen stimme?
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Schuldloser garten erfüllt mit verstohlenem glück.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Mœsta et errabunda“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
240
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mœsta et errabunda“ wurde vom französischen Autor Charles Baudelaire verfasst, der von 1821 bis 1867 lebte. Baudelaire ist bekannt als einer der führenden Vertreter des Symbolismus in der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts.

Der erste Eindruck vom Gedicht ist melancholisch und sehnsüchtig. Es scheint, dass das lyrische Ich, möglicherweise ein Alter Ego Baudelaires, eine tiefe Verbundenheit und Sehnsucht nach einem Ort fernab der „unreinen Städte“ verspürt. Dieser Ort wird romantisch als Meer und als „garten von düften bewohnt“ beschrieben, ein Ort der Reinheit und Jungfräulichkeit. Hier zeigt sich die symbolistische Präferenz Baudelaires für die Verwendung von Natur und Landschaften als Metaphern für emotionale Zustände und Sehnsüchte.

Inhaltlich drückt das Gedicht eine tiefe Sehnsucht aus, der Stadt und dem damit verbundenen Lärm und Schmutz zu entkommen und in eine paradiesische, unberührte Natur zurückzukehren. Das lyrische Ich appelliert an eine Figur namens Agathe, sich ihm in dieser Sehnsucht anzuschließen. Agathe kann hier als Geliebte, aber auch als jede Person, die sich nach Unschuld und Frieden sehnt, interpretiert werden.

Die Form des Gedichts ist recht klassisch, mit einer strophischen Struktur aus sechs fünfzeiligen Strophen. Doch das lyrische Ich bricht mit den konventionellen Erzählstrukturen, indem es seine Fragen nicht direkt beantwortet und stattdessen in einem Fluss von Bildern und Emotionen verharrt, was dem Gedicht einen stromgleichen Charakter verleiht. Dies verdeutlicht die tiefgreifende innere Unruhe des lyrischen Ichs.

Die Sprache des Gedichts ist bildreich und besitzt eine starke emotionale Wirkung. Baudelaire verwendet durchgehend maritime Metaphern (Meer, Segel, Wellen), um das Gefühl der Sehnsucht und des immer währenden Wandels zu verdeutlichen. Er bedient sich einerseits der romantischen Tradition, drückt aber gleichzeitig eine individuelle, moderne Erfahrung von Entfremdung und Melancholie aus.

Zusammenfassend ist das Gedicht „Mœsta et errabunda“ eine lyrische Ausdrucksform von Sehnsucht, Melancholie und der Suche nach Reinheit und Frieden in einer immer lauter und unpersönlicher werdenden Welt. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für Baudelaires Fähigkeit, tiefe Gefühle und innere Zustände durch die Verwendung von intensiver Bildsprache und symbolischer Landschaftsdarstellung zu vermitteln.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Mœsta et errabunda“ ist Charles Baudelaire. Geboren wurde Baudelaire im Jahr 1821 in Paris. Zwischen den Jahren 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 240 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Der Dichter Charles Baudelaire ist auch der Autor für Gedichte wie „Aufschwung“, „Begräbnis“ und „Bertas Augen“. Zum Autor des Gedichtes „Mœsta et errabunda“ haben wir auf abi-pur.de weitere 101 Gedichte veröffentlicht.

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