Mädchenmelancholie von Rainer Maria Rilke
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Mir fällt ein junger Ritter ein |
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fast wie ein alter Spruch. |
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Der kam. So kommt manchmal im Hain |
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der große Sturm und hüllt dich ein. |
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Der ging. So läßt das Benedein |
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der großen Glocken dich allein |
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oft mitten im Gebet... |
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Dann willst du in die Stille schrein, |
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und weinst doch nur ganz leis hinein |
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tief in dein kühles Tuch. |
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Mir fällt ein junger Ritter ein, |
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der weit in Waffen geht. |
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Sein Lächeln war so weich und fein: |
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wie Glanz auf altem Elfenbein, |
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wie Heimweh, wie ein Weihnachtsschnein |
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im dunkeln Dorf, wie Türkisstein |
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um den sich lauter Perlen reihn, |
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wie Mondenschein |
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auf einem lieben Buch. |
Details zum Gedicht „Mädchenmelancholie“
Rainer Maria Rilke
4
19
104
1906
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Mädchenmelancholie“ ist von Rainer Maria Rilke, einem renommierten Lyriker der Moderne, der von 1875 bis 1926 lebte. Es lässt sich daher zeitlich in das frühe 20. Jahrhundert einordnen.
Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht einen stimmungsvollen, fast melancholischen Eindruck. Es sind Bilder von Vergangenheit und Sehnsucht, von Einsamkeit und dem Wunsch nach Liebe und Annäherung zu erkennen.
Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die Figur eines jungen Ritters, der aus Güte und Verletzlichkeit besteht. Dieser Ritter, an den das lyrische Ich sich erinnert, dient als Metapher für eine vergangene Begegnung oder verlorene Liebe. Die Strophen schildern die Begegnung, den Weggang des Ritters und das sehnende Erinnern des lyrischen Ichs daran. Die Mädchenmelancholie könnte daher symbolisch für das Gefühl des Verlusts, das Gedenken an die Vergangenheit und die tiefe Sehnsucht nach einem wiederholten Erlebnis stehen.
In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts lässt sich feststellen, dass Rilke traditionelle Stilelemente mit modernistischen Ansätzen verbindet. Die Strophen sind unterschiedlich lang und folgen keinem festen Reimschema, was zu jener Zeit üblich und repräsentativ für den lyrischen Modernismus war. Inhaltlich ist das Gedicht jedoch stark von traditionellen Elementen, wie der Verwendung des romantischen Rittermotivs, geprägt.
Rilkes Sprache ist bildhaft und metaphorisch. Durch die Kontrastierung und Vergleichung von Bildern - wie dem Sturm im Hain, der Großartigkeit der Glocken, dem kühlen Tuch, dem Glanz auf altem Elfenbein, den Perlen um den Türkisstein und dem Mondenschein auf einem lieben Buch - erzeugt er eine starke emotionale Resonanz. Damit verstärkt er das Gefühl von Melancholie und Sehnsucht, welches der Titel des Gedichts bereits vorgibt.
Zusammengefasst erzeugt das Gedicht „Mädchenmelancholie“ von Rainer Maria Rilke ein starkes Gefühl von Wehmut, das durch die Erinnerung an eine vergangene Liebe oder Begegnung hervorgerufen wird, und nutzt dabei verschiedenste metaphorische Bilder, um dieses Gefühl zu intensivieren. Es ist ein klassisches Beispiel für Rilkes Fähigkeit, tiefgreifende menschliche Emotionen in poetischer Form auszudrücken.
Weitere Informationen
Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Mädchenmelancholie“. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1906 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 19 Versen. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Advent“, „Allerseelen“ und „Als ich die Universität bezog“. Zum Autor des Gedichtes „Mädchenmelancholie“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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