Mutter Frühbeißens Tratsch von Joachim Ringelnatz

Wenn der über die Straßen ging:
Sechs Schritte vor ihm wurden die Vögel stumm,
Fielen die Pferde, kippte die Trambahn um,
Stürzte die Schwalbe herab und der Schmetterling,
Erbrachen sich Damen, krümmten sich Hunde. –
 
So roch das Schwein aus dem Munde.
 
Aber der kann nichts dafür.
Die Frau von dem Sohn, wo Paula die Semmeln holt, neben Weyl,
Deren Schwester hat auch solch ein Magengeschwür.
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Das kommt gar nicht aus dem Halse. Im Gegenteil.
 
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Da hilft kein Pfeffermünz und kein Höllenstein.
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Kein Tabak. Alle Säuren hat der durchgekostet.
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Die ganze Zunge ist ihm schon hinten zerrostet.
 
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Und stinkt immer noch wie ein Schwein.
 
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Das geht auf keine Kuhhaut, was der erduldet.
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So einer ist ja zu nichts zu gebrauchen.
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Und will doch auch einmal atmen wie wir, und hauchen.
 
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Wenn er mir auch noch sieben Mark schuldet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.5 KB)

Details zum Gedicht „Mutter Frühbeißens Tratsch“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
137
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mutter Frühbeißens Tratsch“ wurde von dem deutschen Schriftsteller Joachim Ringelnatz geschrieben. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, was das Gedicht zeitlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einordnet.

Bei dem ersten Eindruck des Gedichts fällt auf, dass es eine Art humorvolle und ironische Auseinandersetzung mit Alltagsthemen darstellt. Das Gedicht thematisiert einen Mann, der mit einer unangenehm riechenden Mundgeruch kämpft und dadurch Ärger und Missverständnisse verursacht.

Der Inhalt des Gedichts, in einfachen Worten wiedergegeben, beschreibt die absonderlichen und schrecklichen Auswirkungen des Mundgeruchs des Mannes auf seine Umgebung. Das lyrische Ich stellt fest, dass der Mann trotz verschiedener Versuche seinerseits, den Mundgeruch zu bekämpfen, erfolglos bleibt. Dabei wird geschildert, wie der Mann unter seinem Zustand leidet und ihn unbehaglich macht, trotz der Schulden, die er dem lyrischen Ich zu zahlen hat.

Das lyrische Ich in „Mutter Frühbeißens Tratsch“ bietet eine humorvoll-ironische Perspektive, wobei es bemerkenswert ist, dass das Gedicht das Thema aus der Sicht einer Klatschtante präsentiert, die eine gewisse Zuneigung gegenüber dem Mann zeigt. Dies ist eine Metapher auf menschliche Empathie und Toleranz gegenüber Mängeln oder Unvollkommenheiten bei jedem Einzelnen.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus verschiedenen kurzen Strophen mit ungleicher Anzahl von Versen. Dies unterbricht den normalen Rhythmus der klassischen Verse und soll wahrscheinlich den flüchtigen und abrupten Ton eines Tratsches wiedergeben. Die Sprache des Gedichts ist einfach und alltagstauglich, mit beiläufigen Verweisen und Beobachtungen. Diese Einfachheit und Alltäglichkeit der Sprache spiegelt auch den realen und authentischen Charakter des Klatschs und seiner Themen wider.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Mutter Frühbeißens Tratsch“ um ein humorvolles, ironisches Gedicht, welches durch die Augen einer Klatschtante menschliche Mängel und gleichzeitig auch die menschliche Toleranz gegenüber diesen Mängeln aufzeigt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Mutter Frühbeißens Tratsch“ des Autors Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1924 zurück. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 137 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abermals in Zwickau“, „Abgesehen von der Profitlüge“ und „Abglanz“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Mutter Frühbeißens Tratsch“ weitere 560 Gedichte vor.

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