Morgenfantasie von Friedrich Schiller
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Frisch athmet des Morgens lebendiger Hauch, |
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Purpurisch zukt durch düstre Tannenrizen |
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Das junge Licht, und äugelt aus dem Strauch, |
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In goldnen Flammen blizen |
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Der Berge Wolkenspizen, |
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Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied |
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Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne, |
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Die schon in lachender Wonne |
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Jugendlichschön in Auroras Umarmungen glüht. |
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Sei Licht mir gesegnet! |
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Dein Stralenguß regnet |
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Erwärmend hernieder auf Anger und Au. |
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Wie silberfarb flittern |
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Die Wiesen, wie zittern |
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Tausend Sonnen im perlendem Thau! |
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In säuselnder Kühle |
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Beginnen die Spiele |
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Der jungen Natur, |
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Die Zephyre kosen |
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Und schmeicheln um Rosen, |
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Und Düfte beströmen die lachende Flur. |
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Wie hoch aus den Städten die Rauchwolken dampfen, |
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Laut wiehern, und schnauben und knirschen und strampfen |
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Die Rosse, die Farren, |
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Die Wagen erknarren |
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Ins ächzende Thal. |
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Die Waldungen leben |
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Und Adler, und Falken und Habichte schweben, |
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Und wiegen die Flügel im blendenden Stral. |
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Den Frieden zu finden, |
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Wohin soll ich wenden |
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Am elenden Stab? |
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Die lachende Erde |
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Mit Jünglingsgebärde |
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Für mich nur ein Grab! |
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Steig empor, o Morgenroth, und röthe |
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Mit purpurnem Kusse Hain und Feld, |
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Säusle nieder Abendroth und flöte |
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Sanft in Schlummer die erstorbne Welt. |
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Morgen – ach! du röthest |
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Eine Todenflur, |
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Ach! und du o Abendroth umflötest |
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Meinen langen Schlummer nur. |
Details zum Gedicht „Morgenfantasie“
Friedrich Schiller
6
43
196
1782
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Friedrich Schiller, ein bedeutender Dichter der deutschen Literatur, hat dieses Gedicht mit dem Titel „Morgenfantasie“ verfasst. Schiller lebte zwischen 1759 und 1805 und gehörte zur literarischen Epoche der Weimarer Klassik zwischen 1786 und 1805. Somit kann das Gedicht in diese Zeit eingeordnet werden.
Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen den Eindruck einer detailreichen und farbenfrohen Beschreibung eines Morgens und erweckt Bilder von Natur, Städten und dem Leben, das mit dem Sonnenaufgang erwacht. Die Detailgenauigkeit, mit der Schiller den Morgen beschreibt, lässt den Leser im Geiste eine lebendige Landschaft entstehen.
Inhaltlich scheint das lyrische Ich die Schönheit und Frische eines neuen Tages zu schätzen. Der morgendliche Hauch, das junge Licht, die erwachenden Lerchen, alles scheint das lyrische Ich mit Freude zu erfüllen. Dennoch scheint es auch eine gewisse Traurigkeit oder Melancholie in den letzten beiden Strophen zu geben. Das lyrische Ich scheint den Frieden in der natürlichen Welt und der lachenden Erde zu suchen, findet ihn aber nicht.
Das Gedicht besteht aus reimenden Versen, wobei ein einfacher und harmonischer Rhythmus die Stimmung von Freude, Bewunderung und Traurigkeit wunderbar verwebt. Die lebendige und detailreiche Sprache von Schiller zeigt seine Vortrefflichkeit in der Nutzung von Metaphern und Vergleichen, um Stimmungen und Bilder zu erzeugen.
Das Gedicht scheint die Zerissenheit zwischen der Schönheit und der Traurigkeit des Lebens darzustellen. Es ist auch eine Reflexion über die Vergänglichkeit des Lebens und die Unvermeidlichkeit des Todes. Um seine Emotionen und Gedanken auszudrücken, nutzt Schiller eine einfache, doch kraftvolle Sprache, gepaart mit einem fesselnden Rhythmus und Reim, um ein lebendiges und bewegendes Bild zu entwerfen.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Morgenfantasie“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Schiller. Geboren wurde Schiller im Jahr 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1782 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Stuttgart. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Schiller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.
Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Goethes Italienreise im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Literaturepoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Darüber hinaus verwendeten die Autoren jener Zeit eine pathetische, gehobene Sprache. Schiller, Goethe, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.
Das Gedicht besteht aus 43 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 196 Worte. Weitere Werke des Dichters Friedrich Schiller sind „An den Frühling“, „An die Gesetzgeber“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Morgenfantasie“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.
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